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© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  08/15 / 13. Februar 2015

Unrealistische Erwartungen
Elektromobilität: Viele Bürger würden sich ein E-Auto kaufen, doch der Plan der Regierung scheitert trotzdem
Markus Brandstetter

Was verbindet Cameron Diaz, George Clooney, Matt Damon, Ben Affleck, Steven Spielberg, Demi Moore, Will Smith und Leonardo DiCaprio – außer, daß sie Hollywood-Stars, weltberühmt und schwerreich sind? Richtig: Sie alle fahren Elektroautos. Die meisten von ihnen besitzen Boliden des US-Börsenstars Tesla Motors, sündhaft teure Sportfahrzeuge oder Roadster mit offenem Verdeck, die aussehen wie die Kreuzung zwischen einem Ferrari und einem Porsche.

Die Deutschen machen sich nichts aus den Vorgaben

Für Leute, die in Südkalifornien oder den Florida Keys wohnen, wo das ganze Jahr lang Sommer herrscht, sind das ideale Fahrzeuge. Die Stars können damit schnell mal hundert Kilometer zum nächsten Bäcker fahren, um ein Dutzend Bagels, das dortige Äquivalent zum deutschen Hörnchen, zu kaufen. In ihren offenen Elektro-Cabrios sehen sie dabei gut aus, werden von jedem bemerkt und zeigen, daß sie grün, fortschrittlich und sexy sind. Nach einer Stunde steht das grüne Vorzeigemobil wieder in der Garage und kann gleich an die Steckdose gehängt werden, damit es für die nächste Ausfahrt bereit ist. Sind die Akkus trotz sorgfältiger Planung einmal leer, können die Stars immer noch den BMW oder den Mercedes nehmen, die in ihren Garagen gleich neben dem Stromer stehen. Die sind also ganz schön umweltbewußt, die Hollywood-Stars von heute.

Von denen könnten sich die Deutschen eine Scheibe abschneiden, muß sich Angela Merkel wohl gedacht haben, als sie vor sechs Jahren die Deutschen aufforderte, zum Schutz der Umwelt jetzt auch endlich Elektroautos zu kaufen. Und warum kleckern, wenn man auch klotzen kann, wird sich die Kanzlerin gedacht haben, als sie dabei das Ziel vorgab, daß bis zum Jahr 2020 eine Million Elektroautos auf deutschen Straßen unterwegs sein sollten.

Aber komisch, irgendwie wollen die Deutschen sich an diese Ratschläge einfach nicht halten. 2020 ist ja schon in fünf Jahren, und wenn das hehre Ziel noch erreicht werden sollte, dann müßten bis 2020 noch schlappe 987.844 Elektroautos zugelassen werden, denn bislang fahren in ganz Deutschland nur 12.156 Elektroautos herum. Rein mathematisch könnte das zu schaffen sein, denn die Gesamtzahl der zugelassenen PKWs betrug zum Jahresende 2014 fast 44 Millionen Stück, eine Zahl, die seit 2009 um zweieinhalb Millionen Einheiten gestiegen ist. Das spiegelt eine Dynamik wider, die noch vor kurzem keiner mehr dem deutschen Automarkt zugetraut hätte.

„Würden Sie ein Elektroauto kaufen?“

Das Wachstum ist also da, nur nicht bei den Elektroautos. Glauben wir aktuellen Meinungsumfragen, dann wird sich daran auch zukünftig kaum etwas ändern. Die spannende Frage „Würden Sie ein Elektroauto kaufen?“ beantworteten 2013 nur 22 Prozent der Befragten mit einem Ja, die anderen waren entweder dagegen oder wußten es nicht genau. Als die Interviewer dann ein bißchen nachhakten und wissen wollten, ob die Deutschen wenigstens der Umwelt zuliebe ihr jetziges Auto gegen eine Elektrokarre eintauschen würden, da fielen die Antworten aus Sicht Angela Merkels geradezu katastrophal aus: 17 Prozent würden tatsächlich ein Elektroauto kaufen, wenn es staatlich gefördert würde.

Aber das waren vermutlich die Abzocker. Weitere 42 Prozent würden auch eines kaufen, wenn es keine Mehrkosten verursachte oder diese nicht sehr hoch wären. Das ist eine Gratis-Antwort, denn Elektroautos sind in Anschaffung und Unterhalt wesentlich teurer als Fahrzeuge mit Verbrennungsmotoren, und daran wird sich auch so schnell nichts ändern. Immerhin eine Mehrheit (59 Prozent) der Bürger wäre aus Umweltgründen bereit, sich ein Elektroauto anzuschaffen – wenn es nicht teurer als ihr vorhandenes käme. Realistisch dagegen sind 34 Prozent, weil ihnen die Reichweite mit einer Batterieladung nicht genügt oder das Aufladen schlicht zu mühselig ist.

Sieht es also in Zukunft gut aus für Elektroautos bei uns – oder eher schlecht? Die Antwort lautet: Wohl eher schlecht, denn die Mehrheit, die sich vorstellen könnte, ein Elektroauto zu kaufen, denkt nach dem Prinzip: Wasch mir den Pelz, aber mach mich nicht naß. Damit ist auch klar, was aus Angela Merkels Zukunftsprognose werden wird: gar nichts. Es ist vollkommen unrealistisch, daß in den kommenden fünf Jahren, dieses eingeschlossen, jährlich an die 200.000 Elektroautos zugelassen werden, nachdem es von 2012 bis 2014 insgesamt nur 23.811 waren (JF 51/14).

So können sich Experten und Politiker mit Prognosen also lächerlich machen, wenn diese nur auf Wünschen und guten Gefühlen beruhen. Das eigene Auto ist für die Deutschen nach Partnerschaft, Beruf, Haus und Urlaub so ziemlich das Wichtigste im Leben, und da rechnen sie sehr genau.

Bessere Möglichkeiten, um Sprit zu sparen

Wer wirklich Sprit sparen will, der hat, ganz ohne Elektroauto, mehrere Möglichkeiten: Er kann weniger mit dem Auto fahren, Faustregel: Die meisten Strecken unter fünf Kilometer Entfernung kann man die längste Zeit im Jahr mit dem Rad zurücklegen. Und er kann bekannte und erprobte Tricks einsetzen, mit denen er den Kraftstoffverbrauch tatsächlich senkt, zum Beispiel diese: Wer früh hochschaltet, spät runterschaltet, stets im höchstmöglichen Gang fährt und soweit es geht auf Klimaanlage, Sitz- und Fensterheizung verzichtet, der braucht im Schnitt ein Drittel weniger Kraftstoff. Ohne Elektroantrieb.

Foto: E-Auto beim Aufladen: Sind die Akkus doch mal leer, kann der Fahrer ja auf seinen Daimler mit Benzinmotor zurückgreifen – sofern er einen hat