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© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  08/15 / 13. Februar 2015

Komplett abgeräumt
Linksextremismus: Der Wahlkampf der AfD in Hamburg wird massiv behindert
Hinrich Rohbohm

Uwe Batenhorst zeigt seine aufgeschlitzte Daunenjacke. „Ich hatte Glück“, sagt der 74 Jahre alte Wahlkampfleiter der AfD im Hamburger Bezirk Altona. „Hätte ich die nicht angehabt, wäre ich wohl im Krankenhaus gelandet“, glaubt er und erzählt, wie etwa 20 Linksextremisten einen Wahlkampfstand seiner Partei gestürmt haben. „Einer lief hinter den Tisch, griff sich die Infoblätter und schmiß sie in die Luft.“ Als Batenhorst versuchte, den Täter festzuhalten, zückt dieser ein Messer und schlitzt dem AfD-Wahlkämpfer die Jacke auf. Das Kleidungsstück ist der Grund dafür, daß der Rentner die Attacke unverletzt übersteht. Wäre die Hamburger Bürgerschaftswahl im Sommer bei warmen Temperaturen, hätte der Angreifer Batenhorst vermutlich den Bauch aufgeschlitzt.

Es ist ein Wahlkampf unter erschwerten Bedingungen und Polizeischutz. Wer in diesen Tagen durch die Hamburger Innenstadt geht, sieht unzählige Plakate politischer Parteien an Bäumen und Straßenlaternen stehen – mit Bodenberührung, wie es in der Hansestadt vorgschrieben ist. Von der CDU, der SPD, FDP, Grünen, der Linkspartei ebenso wie von der Piratenpartei. Nur die Alternative für Deutschland fehlt. Ob in der Mönckebergstraße oder an der Binnenalster: nicht ein einziges Plakat der AfD ist hier zu finden.

Angriffe auf Häuser von AfD-Kandidaten

„Wir haben auch da plakatiert, aber alles ist wieder systematisch zerstört und entfernt worden“, sagt AfD-Landessprecher und Spitzenkandidat für die Bürgerschaftswahl am kommenden Sonntag, Jörn Kruse. Was ihn noch mehr stört als die linksextremen Attacken ist das Schweigen der politischen Mitbewerber, von denen nicht einmal eine Verurteilung derartiger Angriffe auf die Demokratie zu hören gewesen sei.

„Wir hatten 15.000 Plakate anfertigen lassen“, erklärt der Wahlkampfleiter und stellvertretende Landessprecher der Hamburg AfD, Bernd Baumann. Daß in einigen Stadtteilen noch AfD-Wahlwerbung zu sehen ist, sei jedoch nicht darauf zurückzuführen, daß linksextreme Gruppen hier weniger gründlich wüteten. „Wir haben noch mal 10.000 Plakate nachgefertigt und aufgestellt.“ Lange dauert es jedoch nicht, bis auch diese heruntergerissen oder beschädigt sind. Während die Plakate der Konkurrenz weitgehend unbehelligt bleiben, sind die Slogans der AfD mit schwarzer oder roter Farbe durchgestrichen, sofern sie noch nicht abgerissen wurden.

Zu den Taten bekennt sich ganz offen eine „Antifa-Stadtreinigung“, die ihren Vandalismus sogar in den sozialen Medien zur Schau stellt. Zwar ermittelt der Staatsschutz. Doch nur in den wenigsten Fällen werden die Täter ermittelt. „Und wenn, dann werden sie zu ein paar Stunden gemeinnütziger Arbeit verurteilt und das war es dann“, schildert Baumann, dessen Haus ebenfalls zum Zielobjekt der Antifa geworden war. Linksextremisten hatten mit Farbe gefüllte Flaschen gegen die Außenwand geworfen. „Sie kamen nachts, wir haben davon nichts mitbekommen“, erzählt der studierte Volkswirt. Auch die Wohnung von Hamburgs AfD-Vize Dirk Nockemann diente als Angriffsziel. Bei ihm wurde zudem eine Fensterscheibe eingeschlagen. An die Hauswand eines anderen AfD-Bürgerschaftskandidaten schmierten die Täter das Wort „Rassist“. „Dabei ist der mit einer Kolumbianerin verheiratet“, verrät Baumann. Er sitzt seit Mai vorigen Jahres für seine Partei in der Altonaer Bezirksversammlung.„Das ist schon sehr aufschlußreich, was man da so mitbekommt.“ So habe das Bezirksamt Altona beispielsweise der Hausbesetzerszene öffentliche Flächen für einen „Kongreß“ zur Verfügung gestellt, der prompt in Gewalt umschlug, nachdem Linksextremisten ein Haus besetzten, es verbarrikadiert und zudem Polizeibeamte derart heftig attackiert hatten, daß die Staatsanwaltschaft nun gegen die Gewalttäter wegen versuchten Totschlags ermittelt.

In den Umfragen bei fünf bis sechs Prozent

Der Bezirk Altona beherbergt gleich mehrere Zentren der linken Szene. Neben dem sogenannten Internationalen Zentrum in der Brigittenstraße 5, in der einschlägigen Szene kurz B5 genannt, existieren etwa das anarchistische Libertäre Zentrum (LIZ) in der Karolinenstraße und das in der Fettstraße befindliche Libertäre Kultur- und Aktionszentrum (LKA). Letzteres wird maßgeblich von der den Parlamentarismus ablehnenden und den sogenannten Autonomen nahestehenden Freien Arbeiterinnen- und Arbeiter Union geführt.

Als zentrale Anlaufstelle für linksextreme Gewalttäter gilt jedoch die Rote Flora. Das seit 1989 von Linksextremisten besetzte Gebäude diente einst als Kino und als Tanzpalast. Heute sind seine Fenster abgedunkelt, seine Mauern mit Graffiti übersät. Zumeist schwarze Obdachlose liegen mit Matratzen vor dem Eingang. Offenbar hat die Willkommenskultur vor den Türen der Hausbesetzerszene ihre Grenzen. Andererseits ist es innen nicht unbedingt gemütlicher. Auch hier sind die Wände nahezu komplett mit Graffiti beschmiert. Kampfslogans und Solidaritätsbekundungen für die Antifa oder die kurdische PKK verdeutlichen schnell die engen Verbindungen zwischen Hausbesetzerszene und Linksextremisten.

Hier, im Schanzen- und Karolinenviertel, schlägt das Herz der linksradikalen Szene. Es ist der Ausgangspunkt für die jährlichen 1.-Mai-Krawalle und Aktionszentrum für Angriffe auf den politischen Gegner, der in diesen Tagen vor allem AfD heißt. „Hier wird ein Klima der Angst geschaffen“, ist Bernd Baumann überzeugt. Aber: „Wir werden das aushalten und uns nicht einschüchtern lassen“, gibt sich der Wahlkampfleiter wenige Tage vor der Wahl kämpferisch. In den jüngsten Umfragen lag die AfD trotz der massiven Behinderung im Wahlkampf zwischen fünf und sechs Prozent.

Foto: Beschmiertes AfD-Plakat: Linksextremisten als „Stadtreinigung“