© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  07/15 / 06. Februar 2015

Spaltung von Pegida
Der Zenit wurde überschritten
Dieter Stein

Über Wochen hielt die Pegida-Bewegung die Öffentlichkeit in Atem. Aus einer Demonstration mit wenigen hundert Teilnehmern Ende Oktober schwoll die wöchentliche Montagsdemonstration bis Anfang Januar auf über 25.000. In zahlreichen Städten entstanden Ableger, die jedoch nie an die Dresdner Dimension herankamen.

Triebfeder der Proteste waren die Sorge über unkontrollierte Zuwanderung, der sprunghafte Anstieg der Asylbewerberzahlen, Grenzkriminalität, aber auch das Vordringen religiöser Parallelgesellschaften, das Regieren über die Köpfe der Bürger hinweg, das subjektive Gefühl, von Medien und Politik als Bürger nicht mehr gehört zu werden.

Der islamistische Terroranschlag vom 7. Januar auf das Satireblatt Charlie Hebdo in Paris war gleichzeitig blutige Bestätigung der Sorge über religiösen Extremismus als auch Wendemarke für den Protest gegen die „Islamisierung des Abendlandes“. Pegida wurde zuletzt von immer mehr Trittbrettfahrern schillerndster Couleur gekapert. Das Label „Pegida“ ist nicht geschützt und kann sich europaweit jeder anheften und behaupten, er vertrete diese Strömung. Eine Einladung an alle politisch Mühseligen und Beladenen, sowie einschlägig Rechtsradikale, auf diesen fahrenden Zug aufzuspringen. Es ist deshalb kein Wunder, daß sich Pegida in Dresden nun gespalten und seinen Zenit überschritten hat.

Es stellte sich den Akteuren die Frage: Will man mit Leuten im Boot sitzen, die „das System“ weghaben wollen? Geht es um demokratische Mitwirkung oder politische Verweigerung? Wie ernst ist das Bekenntnis zum Asylrecht? Erklärt man wirklich den Islam als Weltreligion zum Feind und damit 1,3 Milliarden Gläubige, oder geht es nicht vielmehr grundsätzlich um Quantität und Qualität der Zuwanderung in Europa und Deutschland? Michael Klonovsky bezeichnete es zu Recht als Fehler, „mit dem Islam als Feindbild zu hantieren“, denn: „Den Islam als solchen zu attackieren, bedeutet letztlich, diesem Milieu immer neue Sympathisanten zuzutreiben.“

Pegida hat das Verdienst, Zehntausende Bürger auf die Straße gebracht und ermutigt zu haben, für die Meinungsfreiheit einzustehen. Pegida hat auf demokratiepolitische Defizite aufmerksam gemacht. Es hat gezeigt, wie einseitig und tendenziös Medien berichten. Und Pegida hat kenntlich gemacht, daß eine völlig fehlgesteuerte Asyl- und Ausländerpolitik von Bürgern nicht schweigend hingenommen wird.

Zum Untergang verdammt ist jedoch, wer lediglich staubsaugerartig alle einsammelt, die irgendwie „gegen das System“ sind oder quasi „mit der Gesamtsituation nicht zufrieden sind“ (Bully Herbig) und sich als „Speaker’s Corner“ für alles und jeden degradiert. Diese Lehre hat offenbar auch rechtzeitig die AfD erkannt.

Versenden
  Ausdrucken Probeabo bestellen