© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  06/15 / 30. Januar 2015

Schwedischer Appetithappen
Lennart Svenssons Ernst-Jünger-Biographie
Karl-Heinz Schuck

Was passiert, wenn ein schwedischer Jugendlicher von der schulischen Pflichtlektüre nicht überzeugt ist, weil es ihm zu politisch einseitig erscheint? Er wendet sich anderer Literatur zu, beispielweise jener von Ernst Jünger. So geschah es dem in Nordschweden geborenen Indologen Lennart Svensson, der schon verschiedentlich als Schriftsteller in Erscheinung trat und auch im identitären, konservativen Think-tank Motpol Beiträge plazierte.

So war es vielleicht folgerichtig, daß aus seiner Feder nun eine – bislang leider nur englischsprachige – Biographie Ernst Jüngers geflossen ist, die sich dem auch in Schweden berühmten deutschen Autor nicht literaturwissenschaftlich, sondern aus der analytischen Betrachtung eines begeisterten Lesers nähert. Jünger ist für Svensson der größte deutsche Schriftsteller seit Goethe, und diese Bewunderung für ihn zieht sich durch die fast 300 Seiten des Buches wie ein roter Faden.

Wohltuend ist, daß der objektive Betrachtungsansatz nicht verlorengeht und auch einige, vielleicht zum Widerspruch reizende Eigenschaften Jüngers seziert werden. Das in 32 Kapitel gegliederte Werk beginnt mit einer ausführlichen Darstellung des Lebenslaufs, insbesondere auch seiner Erlebnisse zur Zeit des Nationalsozialismus.

Einen größeren Raum nehmen selbstverständlich die Schriften zum Ersten Weltkrieg ein, vor allem das den schriftstellerischen Ruhm begründende „In Stahlgewittern“. Aber auch Jüngers weitere Werke werden vorgestellt und in prägnanten Auszügen zitiert, dabei Bezüge zwischen ihnen und ihre Bedeutung in Ernst Jüngers Philosophie hergestellt. Dies weckt große Lust, sich mit dem Gesamtwerk vertieft auseinanderzusetzen.

Svensson folgt nicht immer einer klassischen chronologischen Abfolge. Er verbindet dabei geschickt Jüngers Schaffen mit dem anderer Autoren, die ihn inspiriert haben, und auch mit Autoren, die ihm in gewissem Maße ähnlich waren. Verblüfft hat hier der Bezug auf Gemeinsames mit dem amerikanischen Science-fiction-Autor Robert Heinlein und Rudolf Steiner, dem Begründer der Anthroposophie. Dies zeigt, wie breit und tief Ernst Jüngers Denken angelegt war und er somit seinen Ruf eines Jahrhundertschriftstellers wohl zu Recht hat.

Lennart Svensson: Ernst Jünger. A Portrait. Manticore Books 2014, broschiert, 288 Seiten, ca. 26 Euro

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