© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  06/15 / 30. Januar 2015

Zwischen Reichstag und Kanzleramt
Auf zum letzten Gefecht
Christian Schreiber

Im Mai wird eine der letzten Karrieren der untergegangenen schwarz-gelben Koalition in die Geschichte eingehen. Helmut Könighaus, verbliebener FDP-Mohikaner in der Regierungszentrale, wird als Wehrbeauftragter des Bundes seine Koffer packen.

Laut Selbstbezeichnung ist diese Funktion „ein wichtiges Hilfsorgan des Parlamentes bei der Kontrolle der Bundeswehr“. Jeder Soldat könne sich an den Wehrbeauftragten des Deutschen Bundestages wenden, um Mißstände innerhalb der Bundeswehr zu vermelden. Zu dessen Rechten gehört, daß er jede Bundeswehrdienststelle ohne Anmeldung besuchen darf, Auskunft und Akteneinsicht fordern kann und daß er – außer gegenüber dem Bundestag und dem Verteidigungsausschuß – nicht weisungsgebunden ist. Königshaus ist bei der Truppe nicht unbeliebt, was auch daran gelegen haben dürfte, daß er der bislang einzige Wehrbeauftragte war, der selbst „gedient“ hat. Sein unmittelbarer Vorgänger, Reinhold Robbe, war Zivildienstleistender, in den neunziger Jahren wurde das Amt von Claire Marienfeld ausgeübt, die den Ruf genoß, „Mutter der Kompanie“ zu sein.

Im Laufe der Jahre hat sich das Aufgabenfeld des Wehrbeauftragten verändert. Standen in den Jahrzehnten der alten Bundesrepublik Beschwerden von Wehrdienstleistenden über Schikanen von Vorgesetzten im Mittelpunkt, so melden sich heute fast ausnahmslos Soldaten mit Problemen in Laufbahn-, Fürsorge- oder Statusfragen.

Königshaus wurde nicht nur in Berlin, sondern auch bei der Truppe ein ausgeprägter Hang zur Eitelkeit nachgesagt. Im Sommer 2012 suchte er den juristischen Schlagabtausch mit dem Deutschlandradio, weil dort ein Kommentator gesagt hatte, der Wehrbeauftragte nehme „weniger die Truppe, als vielmehr sich selbst wichtig“. Auch ein Amtsträger müsse sich nicht alles bieten „und sich von jedem Dahergelaufenen beleidigen lassen“, so sein zorniger Einwurf.

Die Zahl der Beschwerden bei Königshaus und seinen rund 50 Mitarbeitern pendelt seit Jahren bei rund 5.000. Die Unzufriedenheit mit den Arbeitsbedingungen sei hoch, sagte Königshaus am Dienstag, als er seinen letzten Jahresbericht präsentierte. Auffallend ist, daß der 64jährige den Ton verschärfte, seit „seine FDP“ nicht mehr in Regierungsverantwortung steht. So forderte er von Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU), die Bundeswehr müsse noch attraktiver und marode Stuben auf Vordermann gebracht werden.

Die Beschwerden über mangelnden Komfort in den Kasernen seien seit der Bundeswehrreform hin zu einer Berufsarmee noch gestiegen. Rost- und Schimmelbefall, Kloakengeruch und im Winter defekte Heizkörper in Sanitärbereichen seinen exemplarisch „für die an vielen Standorten seit Jahren vernachlässigte Infrastruktur“, heißt es im Jahresbericht. Die Beschwerden über rechtsextreme Vorfälle in der Truppe seien dagegen vergleichsweise gering, sagte Königshaus. Sein Nachfolger wird im Mai der Sozialdemokrat Hans-Peter Bartels. Der 53jährige legt dabei Wert auf die Feststellung, er habe ebenfalls gedient.

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