© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  06/15 / 30. Januar 2015

Bernhard Falk. Der ehemalige Linksterrorist ist heute Exponent der salafistischen Szene
Der Revolutionär
Fabian Schmidt-Ahmad

Es gibt Menschen, die konvertieren zum Islam, und es gibt Menschen, die werden zu Terroristen – nicht selten in dieser Reihenfolge. Bernhard Falk jedoch ist den umgekehrten Weg gegangen: Zuerst ein Linker, der im Namen eines „antiimperialistischen Kampfes“ Anschläge verübte und dafür zu dreizehn Jahren Gefängnis verurteilt wurde, legte Falk dort das islamische Glaubensbekenntnis ab. Heute ist „Muntasir bi-llah“ einer der bekanntesten deutschen Salafisten und gilt als eine Art deutsches Büro von al-Qaida.

Geboren 1967 in Hamburg, katholischer Meßdiener, begabter Physikstudent, ist Falks Biographie schließlich die eines gewöhnlichen Linksextremisten. Immer weiter driftet er in die linke Szene ab. Das Ende der DDR und die Auflösung der RAF stürzen ihn in eine Sinnkrise. Mit dem ehemaligen Schulkameraden Michael Steinau gründet er die „Antiimperialistischen Zellen“ (AIZ), die bis zu ihrer Zerschlagung 1996 deutschlandweit neun Brand- und Sprengstoffanschläge verübt haben.

Bereits damals kündigte sich sein Weg in den Islam an: „Wir haben diesen als revolutionäre Waffe in voller Schärfe und Schönheit kennenlernen dürfen“, heißt es im letzten AIZ-Bekennerschreiben von 1996 bewundernd über die Iranische Revolution. Daß unter Ajatollah Khomeini Sozialisten härter verfolgt wurden als je zuvor, und daß in der Gegenwart der schiitische Iran erbitterter Feind der sunnitischen Terrororganisationen Islamischer Staat sowie al-Qaidas ist – für solche Feinheiten ist in Falks Weltbild kein Platz.

Inzwischen arbeitet Falk am Aufbau eines Gefangenenhilfswerk für inhaftierte Moslems. Unschwer sind Erfahrungen mit der linksextremen „Roten Hilfe“ zu erkennen, die „politische Gefangene der BRD“ unterstützt. Das Publikum hat gewechselt, die Rhetorik ist gleich: „Wer gehört eigentlich auf die Anklagebank? Die Unterdrücker oder etwa diejenigen, die Widerstand leisten?“, heißt es bei Falk. „Die Kuffar, die den Islam verspotten, oder etwa die Muslime, die den Islam verteidigen?“ Der Islam habe „eine revolutionäre Natur, die die Menschen massenweise dazu bringt, sich gegen die Tyrannei zu erheben und zur Verwirklichung einer sozialen Gerechtigkeit zu gelangen“, sagte er 1997 der taz. Die Ideologie ist austauschbar, RAF oder al-Qaida – was bleibt, ist die Erotik des Terrors.

Davon profitiert auch Falk. Nach der Haft auf den ersten Blick nichts weiter als ein korpulenter, bärtiger Sozialhilfeempfänger, genießt er nicht zuletzt aufgrund seiner Vergangenheit beachtliches Ansehen in der salafistischen Szene. Neben seinen Auftritten als Beobachter in Terrorprozessen pendelt er zwischen seinen beiden Hauptfrauen in Ludwigshafen und Dortmund, mit denen er drei Kinder hat: Shahida, Muhammad Usama und Ayman Falk. Die Ankunft eines linken Utopisten im Islam. So darf man sich wohl die Islamisierung Deutschlands vorstellen.

Versenden
  Ausdrucken Probeabo bestellen