© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  05/15 / 23. Januar 2015

Ressourcen alternder Gesellschaften: Senioren als willkommene Bremser
Korrektive der Entschleunigung
(ob)

Wie nie zuvor in der Geschichte werde die Existenzberechtigung der Alten durch die gegenwärtige „Leistungs- und Jugendlichkeitsgesellschaft“ in Frage gestellt. Unter Erfolgreichen, Jugendlichen, Konkurrenzfähigen scheinen die Alten nur überflüssig zu wirken, wie der emeritierte Gießener Soziologe Reimer Gronemeyer, Jahrgang 1939, feststellt (Universitas, 12/2014). Trotzdem sollten sich die Alten in den modernen Industriegesellschaften nicht in die Rolle der geduldeten Opfer drängen lassen. Dazu gebe schon der Blick auf die UN-Bevölkerungsprognosen keinen Anlaß. 2035 seien nämlich auf 100 Erwachsene unter 65 26 Menschen über 65 Jahren. In Japan und Deutschland betrüge diese Relation sogar 69 bzw. 66 zu 100. Derartig fundamentale demographische Verschiebungen könnten den positiven Effekt haben, den „zerstörerischen Wachstumskurs der globalen Gesellschaft“ zu korrigieren. Die Alten und eine an ihren Bedürfnissen zu orientierende Politik der „Entschleunigung“ würden dann ein Korrektiv sein, um die Leistungsgesellschaft nicht aus den Fugen geraten zu lassen. Komme sie hingegen durch die drastischen Folgen des Klimawandels an ihr katastrophales Ende, dann wären etwa in China alte Bauern keine unerwünschte Soziallast, sondern kleinbäuerliche Experten, die vom Überleben mehr verstehen als die Hochhausbewohner in Shanghai.

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