© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  05/15 / 23. Januar 2015

Politik jenseits der Diskurstheorie: Der Vormärzjurist Uwe Jens Lornsen
Burschenschaftliche Gewaltdispositionen
(fs)

Als Voraussetzung des „Machenwollens“ verlangt Jürgen Habermas‘ Theorie kommunikativen Handelns vom politischen Akteur Selbstverständliches: den Gebrauch seines Verstandes. „Kritische Reflexion“ solle subjektive und sachfremde Motive ausschalten. „Zustimmungsfähige“ Vernunftgründe allein dürfen die Tat auslösen. Bedauerlich ist nur, daß schon der allmorgendliche Blick in die Tageszeitung solche idealistischen Erwartungen enttäuscht. Entsprechend niederschmetternde Resultate zeitigt, legt man Habermas‘ Meßlatte an, eine Musterung der politischen Geschichte. So besteht auch die schleswig-holsteinische Ikone Uwe Jens Lornsen (1793–1838), ein Jurist, der für die Trennung der Herzogtümer vom dänischen Gesamtstaat kämpfte, den Habermas-Test nicht, dem ihn der Berliner Emeritus Reimer Hansen unterzieht (Zeitschrift der Gesellschaft für Schleswig-Holsteinische Geschichte, Band 139/2014). Gegen Versuche, den „Lornsen-Kult“ zu vitalisieren, indem man in die Schriften dieses vormärzlichen Nationalisten eine anachronistische Parteinahme für „universale Menschheitsideale“ hineinlese, verweist Hansen auf die Prägung Lornsens durch die Jenaer Burschenschaft. Hier gründe die „extreme Disposition“, die ihn zur Verherrlichung terroristischer Mordtaten ebenso verleitete wie zur Anerkennung der Gewalt als Mittel zur Durchsetzung von Politik.

www.geschichte-s-h.de

Versenden
  Ausdrucken Probeabo bestellen