© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  05/15 / 23. Januar 2015

Dieudonné M’bala M’bala. Der antisemitische Komiker sorgt erneut für Aufsehen
„Ich bin Coulibaly!“
Holger Wartz

Nun wird dem zweimaligen erfolglosen Präsidentschaftsaspiranten „Dieudonné“ („der Gottgegebene“) der Prozeß gemacht. Nicht vom französischen Fiskus, mit dem er ebenfalls Ärger hat, sondern wegen seiner Äußerungen nach den Anschlägen von Paris. Hat er doch Sympathie für den Islamisten Amedy Coulibaly gezeigt – der eine Polizistin und vier Geiseln in einem jüdischen Supermarkt erschoß –, indem er auf Facebook bekannte: „Ich bin Charlie Coulibaly.“

Der bekannte Komiker, den viele Franzosen wegen seiner Tiraden gegen Juden schon seit geraumer Zeit gar nicht mehr komisch finden, hat nach Meinung der Justiz den Rubikon überschritten. Auch wenn seine Anwälte verlauten ließen, die Festnahme sei „regelrecht skandalös“ – ihm drohen nun bis zu sieben Jahre Haft.

Dieudonné M’bala M’bala hat sich mit seinen 48 Jahren fraglos zu einer der schillerndsten, vor allem aber umstrittensten Figuren der französischen Republik hinaufgepöbelt. Das Gymnasium hat der Sohn eines kamerunischen Buchhalters und einer bretonischen Soziologin mit Fachabitur verlassen und jobbte danach unstet als Verkäufer. Es folgten – und hier setzte seine landesweite Karriere ein – vielfältige, langjährige Aktivitäten als Schauspieler, Komiker und Theaterbesitzer.

Aufgewachsen im trist-maroden Pariser Vorstadtmilieu, war er früh im antirassistischen, linken Milieu verhaftet. Mit einem jüdischen Komödianten trat er im Duett auf. 2000 gesellte er sich einer Humoristentruppe gegen Jörg Haider zu. Doch fiel er sodann zunehmend als militanter Politaktivist auf. Judenfeindliche Äußerungen wurden sein Markenzeichen und katapultierten ihn mehr und mehr aus dem zulässigen Rahmen der Republik. Etwa beschimpfte er Juden als „Sklaventreiber, die ins Bankwesen gewechselt“ seien. Die „Macht der jüdischen Lobby“ geißelt er beißend und pflegt als Zugabe gerne den sogenannten Quenelle-Gruß, der stark an den Hitlergruß erinnert. Der „Kämpfer gegen das System“ (Dieudonné über Dieudonné) hatte auch die Enthauptung des US-Journalisten James Foley durch den IS verspottet.

Taufpate eines der Kinder des militanten Antisemiten ist Jean-Marie Le Pen, Ex-Vorsitzender des Front National.

Dieudonné hat den Boden einer humanen Satireform verlassen. Auch wenn seine Vorstellungen ausverkauft sind, hat er sich nun womöglich vollends ins Abseits manövriert.

Sicher ist das aber nicht. 2002 hatte ein Gericht Skandalautor Michel Houellebecq („Die Redefreiheit kennt null Grenzen“) trotz dessen Beleidigung des Islams vom Vorwurf der Anstiftung zum Rassenhaß freigesprochen. Sein neues Buch ist nun ein Bestseller. Noch ist auch Dieudonné nicht verurteilt. Wo Frankreichs Justitia die Grenze zwischen zulässiger Satire und politischer Verhetzung zieht, wird sich erweisen.

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