© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  04/15 / 16. Januar 2015

Griechenland droht Zusammenbruch seiner Wirtschaft
Trumpfkarte gegen Syriza
Thomas KIrchner

In der öffentlichen Debatte um die Wahl in Griechenland und dessen Austritt aus dem Euro wird übersehen, daß Griechenland im Falle eines Wahlsiegs der ultralinken Geldausgeber ein noch größeres Fiasko bevorsteht: Ab März nimmt die EZB keine griechischen Anleihen mehr als Sicherheit für Refinanzierungsgeschäfte. Die werden derzeit trotz ihrer miserablen Bonität akzeptiert, aber nur unter einer Ausnahmeregelung, solange Griechenland den Programmen der Troika unterliegt. Weigert sich Griechenland, diesen Programmen zu folgen, darf die EZB diese Sicherheiten nicht mehr akzeptieren. Dann wird es knapp für die griechischen Banken: Sie dürften nicht ausreichend über Sicherheiten mit guter Bonität verfügen, um sich mit Liquidität zu versorgen. Das Bankensystem und die Wirtschaft werden endgültig zusammenbrechen. Griechenland wäre ein sozialistisches Paradies mit leeren Regalen, wie Venezuela es derzeit vorexerziert. Theoretisch könnte die Einführung einer neuen Währung ein Liquiditätsproblem umgehen, doch wird dies zeitlich bis März kaum machbar sein. Dazu kommt, daß Griechenland mit einer Drachme, die zwangsläufig in eine Dauerabwertungsspirale fällt, noch schlechter dasteht als mit hohen Schulden. Die Europäer haben also einen Trumpf in der Hand, mit dem sie sich gegen Syrizas Erpressungsversuche wehren können.

Der vieldiskutierte Schuldenschnitt würde Griechenland kurzfristig ohnehin nicht viel helfen. Der Durchschnittszins, den die Hellenen zahlen, liegt derzeit bei nur 2,27 Prozent. Im Vergleich dazu zahlt Portugal etwa 4,3 Prozent. Griechenland kann deshalb fast die doppelte Schuldenlast wie Portugal tragen. Somit ist klar, daß es an der Effizienz seines Staatsapparats hapert, wenn an allen Ecken und Enden das Geld fehlt – nicht an der Schuldenlast. Doch Syriza will die Staatsquote von jetzt schon astronomischen 60 Prozent mit elf Milliarden Euro an Wahlgeschenken noch höher in den sozialistischen Olymp treiben. Eine erneute gigantische Geldverschwendung. Zwar hat Syriza eine vernünftige Idee: Steuersenkungen. Dieser einzelne angebotsorientierte und investitionsfreundliche Vorschlag wird aber nicht gegenfinanziert, sondern mit neuen Schulden ausgeglichen und somit wirkungslos verpuffen. Nach einem Schuldenschnitt wird Syriza sehr schnell wieder neue Schulden aufhäufen. Und zwar in Euro – denn wer würde schon Kredite in einer Wackeldrachme vergeben?

Mit den Refinanzierungsgeschäften haben die Europäer die Chance, Syrizas Erpressungen zu bekämpfen. Griechenland muß die zu Zeiten billiger Kredite akkumulierten Ausgaben wieder rückgängig machen. Nur ein hoher Schuldenstand kann staatliche Ausgabendisziplin erzwingen. Wir können hoffen, daß der Schuldenschnitt nicht kommt – und die Europäer ihre Trumpfkarte spielen.

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