© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  03/15 / 09. Januar 2015

Éric Zemmour rechnet mit der Selbstaufgabe Frankreichs ab und begeistert die Franzosen
Der Zornige
Alain de Benoist

Mit 15.000 verkauften Exemplaren pro Tag hat Éric Zemmours Buch über den „französischen Selbstmord“ bereits den Bestseller von Valérie Trierweiler, der ehemaligen Lebensgefährtin François Hollandes, überrundet. Zemmour ist derzeit dauerpräsent: im Radio, Fernsehen, den Zeitungen. Das hat ihm eine Lawine von Beschimpfungen und Haß seitens der Vertreter der herrschenden Ideologie eingetragen. Sogar als „antisemitischen Juden“ hat man ihn bezeichnet, weil er wagte, daran zu erinnern, daß unter Marschall Pétain proportional weniger Juden deportiert wurden als in der deutschen Besatzungszone. Die ehemalige Arbeitgeberverbandspräsidentin Laurence Parisot warf ihm gar „Hochverrat“ vor, während Ministerpräsident Manuel Valls zürnte: „Zemmours Buch verdient es nicht, gelesen zu werden.“

Aber worüber schreibt der Publizist, geboren 1958 bei Paris, auf den 500 Seiten von „Le Suicide français“? Über den Zerfall Frankreichs im Laufe der vergangenen vierzig Jahre unter der Einwirkung einer korrosiven Ideologie, die sich zunächst auf kultureller, dann auf politischer Ebene durchsetzte, um dann zur Basis der Gesellschaft insgesamt zu werden. Er beschreibt, wie aus der Einwanderung von Arbeitskräften eine Einwanderung von Neusiedlern wurde, die eine Katastrophe für die kollektive Identität Frankreichs bedeutet. Und er zeichnet die Etappen dieses Zersetzungsprozesses nach mit dem ausdrücklichen Ziel, „die Dekonstrukteure zu dekonstruieren“, um so „die Gewissensbildung zu beschleunigen“.

Als Gegner der EU beruft Zemmour sich zugleich auf Napoleon und Charles de Gaulle. Entsprechend bekennt er sich zum „National-Republikanismus“ und äußert vernichtende Kritik am „angelsächsischen Liberalismus“, dem „großen Weltmarkt, der zuläßt, daß eine kleine Elite sich bereichert“, dem „Markt, der gemeinsam mit dem zum König erklärten Individuum regiert“ und „den vaterlandslosen Eliten, die das Volk nie als Souverän akzeptiert haben und sich eher der Globalisierung als den Interessen der Nation verbunden fühlen“. Rechte und Linke kommen bei ihm gleichermaßen schlecht weg: „Die Rechte hat den Staat im Namen des Liberalismus, die Linke hat die Nation im Namen des Universalismus preisgegeben – beide haben Verrat am Volk begangen.“

Der Erfolg seines Buches ist mehr als ein verlegerisches, es ist ein gesellschaftliches Phänomen. Das zeigt sich nicht zuletzt daran, daß bereits Meinungsumfragen dazu vorliegen. Einer dieser zufolge glauben 37 Prozent der Franzosen – und 20 Prozent derer, die sich als links und 53 Prozent derer, die sich als rechts einordnen –, daß Zemmour recht hat. Sozialisten-Chef Cambadélis zog daraus mit verblüffender Klarheit die Bilanz: „Die Linke hat den Kampf um die ideologische Hegemonie verloren.“

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