© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  02/15 / 02. Januar 2015

Knapp daneben
Überforderte Eltern
Karl Heinzen

Kinder dürfen nicht wählen. Dennoch sind sie für den Bundestag Thema. Sie müssen dazu nicht einmal Migrationshintergrund haben. Seit 1988 ist als Arbeitsgruppe des Ausschusses für Familie, Senioren, Frauen und Jugend die „Kinderkommission“ tätig. Bekannter ist sie unter ihrer Abkürzung „KiKo“, bei der die Kleinen gleich an den lustigen Fernsehsender denken, der sie mit „Shaun das Schaf“, „Verknallt & abgedreht“, „Lulu Zapadu“ und anderen Leckerbissen verwöhnt.

Um ihre Aufgabe ist die KiKo nicht zu beneiden. Die gnadenlose Natur hat es so eingerichtet, daß Neugeborene erst Kindheit und Jugend überstehen müssen, bevor aus ihnen vollgültige Menschen geworden sind, die einer Arbeit nachgehen, Steuern zahlen und loyal zu unseren Grundwerten stehen. Bis es soweit ist, kann eine Menge schiefgehen.

In der virtuellen Welt erleben die jungen Menschen positive Gefühle, die ihnen in der realen versagt bleiben.

Auf jede neue Generation lauern auch neue Gefahren. Die Jugend von heute, so dämmerte der KiKo allmählich, wird ganz besonders durch das Internet bedroht. In einer Anhörung ließen sich die Abgeordneten daher erläutern, worum es überhaupt geht. Die Botschaft der Experten ist überraschend. Das Problem sind gar nicht so sehr die Kinder, sondern deren Eltern. Der Staat nimmt ihnen in Kindergärten und Schulen zwar das Gros der Erziehungsarbeit ab. Ein bißchen Sozialisation findet aber immer noch zu Hause statt, und damit scheinen viele Eltern überfordert. Insbesondere mangelt es ihnen an Medienkompetenz, und daher wissen sie oft gar nicht, wie sie es zu bewerten haben, wenn ihre Kinder pausenlos online sind.

Sie sollten es sich auf keinen Fall zu einfach machen, indem sie die Schuld auf das Internet schieben, raten die Experten, denn wer ihm verfällt, war oft schon vorher von Angst und Depressionen geplagt. In der virtuellen Welt erleben die jungen Menschen dann mitunter positive Gefühle, die ihnen in der realen versagt bleiben. Anstatt den Kindern diesen Lichtblick zu nehmen, sollten die Eltern ihnen vielleicht lieber nacheifern. Der Druck, den sie auszuhalten haben, um über die Runden zu kommen, ist schließlich nicht geringer.

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