© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  02/15 / 02. Januar 2015

Mike Mohring setzt sich an die Spitze
Thüringen: Nach dem Machtverlust ordnet sich die CDU neu
Paul Leonhard

Der neue starke Mann der Thüringer CDU heißt Mike Moh-ring. Der 43jährige, der seit 2008 die Fraktion im Erfurter Landtag führt, ist Mitte Dezember mit 89,9 Prozent der Stimmen als Nachfolger von Christine Lieberknecht zum Landesvorsitzenden gewählt worden. Mohring übernimmt eine Partei, die zutiefst verunsichert ist. Erstmals in ihrer Geschichte ist die Thüringer CDU, die selbst in der DDR über den von der SED initiierten Einheitsblock „Nationale Front“ mit Regierungsposten in den Bezirken und Kommunen versorgt worden war, in der Opposition. Und das, obwohl sie bei den Landtagswahlen die meisten Stimmen erhalten und die Mehrheit der Thüringer für eine bürgerliche Regierung gestimmt hat.

Daß es so gekommen ist, liegt nicht nur an der Bundesführung der CDU, die in Thüringen jegliche Zusammenarbeit mit der ihr verhaßten AfD untersagt hat, sondern auch an Mohring. In einem Artikel unter der Überschrift „Der Trickser“ listet Spiegel-Online Beispiele für das geschmeidige Agieren des Christdemokraten auf, der „erst für einen Kurs“ gestimmt habe, um später gegen diesen zu schießen. Mohring habe auch die Zusammenarbeit in der Großen Koalition „systematisch torpediert“. Aus der CDU höre man, „Mohrings Kurs habe Schaden angerichtet“ und sei ein Grund, warum „die SPD keine Fortsetzung der Koalition wollte“.

Kritik an Vorgaben aus Berlin

Das Ergebnis ist bekannt: Statt der CDU regieren die Postkommunisten zusammen mit Sozialdemokraten und Grünen den Freistaat. Nicht nur die Bevölkerung ist verärgert, auch der Landes-SPD laufen seitdem die Mitglieder weg. „Glueckwunsch@SPDThueringen! Ihr macht euch bei #r2g nach einer Woche wie erwartet schleichend überflüssig“, kommentierte Moh-ring das im Internet.

Schadenfreude scheint aber mit Blick auf die Situation der eigenen Partei wenig angebracht. Mohring versucht zur Zeit, die Reihen zu einen, indem er die Schuld an der mißglückten Koalitionsbildung der Berliner CDU-Führung um Bundeskanzlerin Angela Merkel zuschiebt. Die Parteispitze habe untersagt, daß die CDU bei der Wahl des Ministerpräsidenten gegen Bodo Ramelow einen eigenen Kandidaten aufstellt. Ein Ministerpräsident der Union dürfe nicht von der AfD abhängig sein, hatte CDU-Generalsekretär Peter Tauber die Linie vorgegeben, und die braven Parteisoldaten in Thüringen haben diesem Wunsch entsprochen, die halbherzigen Gespräche mit der AfD abgebrochen, um lieber eine von den SED-Nachfolgern geführte Landesregierung zu ertragen, als mit Hilfe der AfD das Blatt noch zu wenden.

Über das geistige Rüstzeug verfügt Mohring

„Dafür zu sorgen, daß wir in Zukunft wieder solche Leute wie Ramelow aus der Regierung loswerden, ist die wichtigste Aufgabe für die Union“, sagte Ex-Ministerpräsident Dieter Althaus auf dem Landesparteitag. Berlin wird vorgeworfen, die Landespartei „im Kampf gegen die Kommunisten“ im Stich gelassen zu haben. Nicht nur viele Wähler, auch viele CDU-Mitglieder liebäugeln mit der AfD. Deren Positionen würden von vielen in der CDU geteilt, sagte Fraktionsvize Michael Heym.

Mohring gibt sich zurückhaltender. Das erste heiße Eisen, welches er als Parteichef anfaßt, hat es dennoch in sich: Er will von einer unabhängigen Kommission die Rolle der Ost-CDU in Thüringen aufarbeiten lassen, auch um den SED-Nachfolgern Wind aus den Segeln zu nehmen. Bisher hatten diese immer auf die Verstrickungen von CDU-Politikern in DDR-Unrecht verwiesen. Mohring selbst muß sich nichts vorwerfen. Ende Dezember 1971 in Apolda geboren, blieb ihm sogar der Wehrdienst in der NVA erspart und die ersten politischen Erfahrungen sammelte er im Herbst 1989 im Neuen Forum, bevor er 1993 der CDU beitrat. Nun will er von Historikern wissen, „was die CDU in der DDR zu verantworten und zu erleiden hatte“.

Mohring besitze jetzt die Macht, die Landespartei nach seinem Willen zu formen. Aber dafür muß er seine parteiinternen Gegner einbinden. Ob er nach der Ära Lieberknecht seine Partei wieder konsequent auf ihren christlich-konservativen Kern zurückführen will, läßt er ebenso offen wie den künftigen Kurs gegenüber der AfD. Thüringen wäre der richtige Ort, um die Landes-CDU neu zu positionieren. Über das geistige Rüstzeug dafür verfügt Mohring: Vor vier Jahren gab er bei Bussert & Stadeler ein Werk heraus mit dem Titel „Was heißt heute konservativ? Freiheit – Verantwortung – Ordnung. Bausteine für einen modernen Konservativismus“.

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