© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  51/14 / 12. Dezember 2014

Jürgen Kaube wird Schirrmacher-Nachfolger
Überraschung: Noch vor dem Jahreswechsel entscheidet sich die „FAZ“ für einen neuen Herausgeber / Linkskurs gestoppt?
Ronald Gläser

Seit durchgesickert ist, daß Jürgen Kaube neuer FAZ-Herausgeber wird, spekulieren Feuilletonisten darüber, ob dies einen Kurswechsel mit sich bringt. Folgt auf Frank Schirrmacher, der zuletzt vor allem für Kapitalismuskritik stand, etwa ein Konservativer? Um die Spannung gleich vorher zu lösen: wohl kaum. Kaube gehört seit zwei Jahrzehnten zum Inventar der FAZ. So jemand startet keine Revolution.

Andere Akzente wird der 52jährige schon setzen. Zum einen weil er als Volkswirt ein anderes Gespür für wirtschaftliche Zusammenhänge des Landes, aber auch des Verlages hat. Das vermutet zumindest ein Kollege von Kaube, der sich einen „etwas weniger sozialdemokratischen Kurs“, dafür mehr wirtschaftliche Vernunft wünscht.

Dafür könnte Kaubes Haltung zur Bildungspolitik sprechen. Er ist für die FAZ-Mittwochsbeilage zur Bildungspolitik zuständig, die oft Historikern und Geisteswissenschaftlern ein Forum bietet – und insofern weder organisatorisch noch weltanschaulich ein Anhängsel des mitunter linksgestrickten FAZ-Fuilletons darstellt. Im September erst hat er in einem großen Aufsatz den linken Reformeifer im deutschen Bildungswesen gegeißelt. Die Reformfreude habe den „ganzen Berufsstand irre werden lassen“ und „stets Unmengen an Papier sowie riesigen Zeitverbrauch durch Grüßen der neuesten Geßlerhüte produziert“. Er scheint aus Erfahrung zu sprechen, denn im gleichen Monat twitterte er: „Elternabend: Gibt es Rituale, die noch sinnloser sind?“

Kaube wird von einem anderen FAZ-Insider als „richtig gut“ und „äußerst kompetent“ beschrieben. Komische Debatten wie unter Schirrmacher würden nun wohl eher selten angestoßen. Diese Hoffnung wird in der Belegschaft von vielen geteilt. Die Realität wird Kaube jedoch bald einholen. Die FAZ ächzt unter Umsatzeinbußen. Dem jüngsten Sparpaket des Verlages sind sogar im November die Comics im Kulturteil zum Opfer gefallen. Davor hatte der Verlag mitteilen müssen, daß er 200 Arbeitsplätze streicht.

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