© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  48/14 / 21. November 2014

Johan Cosar. Der Schweizer führt in Syrien eine christliche Miliz, die gegen den IS kämpft
Kreuzzug statt Dschihad
Marc Zöllner

Niemand ist zum Krieg geboren, auch Johan Cosar nicht. Zwar diente der syrischstämmige Schweizer über fünf Jahre in der eidgenössischen Armee, bildete dort als Unteroffizier sogar Rekruten im Häuserkampf aus. Doch was den 32jährigen aus Locarno im Tessin im Juni 2012 wirklich nach Syrien führte, war der Wunsch, als freiberuflicher Journalist über das Schicksal seiner assyrisch-christlichen Brüder zu berichten, die zwischen den Fronten der islamischen Extremisten und der syrischen Armee vernichtet zu werden drohen. Dennoch führt Cosar – Kampfname „Omid“ – heute die erste christliche Miliz in Syrien, den „Assyrischen Militärrat“ SMC.

Nicht nur Moslems aus Eu-ropa melden sich zu den Fahnen des Islamischen Staates, auch orientalischstämmige Christen aus der Schweiz oder Jesiden aus Deutschland eilen zu den Waffen, um auf der Gegenseite zu kämpfen. Ein „Kreuzzug gegen den Terror“, wie eine Schweizer Zeitung titelte? „Keiner von uns hat Freude an Krieg oder Waffen“, beteuert Cosar, aber, so stellt er klar, wenn Christen angegriffen werden, „verteidigen wir uns“.

Zehn ostchristliche Schweizer haben sich inzwischen nach Syrien gemeldet. „Es geht vor allem um die Sicherung unseres Volkes, unserer Sprache und unserer christlichen Kultur“, so einer von ihnen gegenüber der Züricher Sonntagszeitung.

Rund fünfhundert Kämpfer haben sich Cosars SMC mittlerweile angeschlossen. Ausgerüstet mit Kalaschnikows und Handgranaten, konnte die kampferprobte kleine Truppe bereits beachtliche Geländegewinne erzielen, ganze Dörfer der Provinz al-Hasaka im rauhen Nordosten Syriens gemeinsam mit kurdischen Peschmerga vom Islamischen Staat zurückerobern. Angespornt von diesen Erfolgen formierten sich – Cosars Einheit als Vorbild – im Sommer auch die Assyrer des benachbarten Irak zu Selbstschutzeinheiten, den „Dwekh Nawsha“, zu deutsch „die Aufopfernden“.

Aber Johan Cosar hat auch eine persönliche Mission. Sein Vater, der Syrien einst aus politischen Gründen verlassen hatte, verschwand 2013. Cosar vermutet, daß Regierungsagenten ihn bei seiner Einreise nach Syrien verhaftet und in die Folterkerker des „Palestine Branch“-Gefängnisses nahe Damaskus verschleppt haben. Seitdem ist Johan auf der Suche nach ihm.

Dennoch ist er den Krieg leid. Geplagt von chronischen Schlafstörungen betont er, daß er kein Held sein will, schon gar nicht für die Medien. „Es ist nicht gut, was der Krieg mit dir macht“, grübelt Cosar. Viel lieber wolle er seine Familie in der sicheren Schweiz wissen. Doch auch dort könnte ihm Ungemach drohen, denn laut eidgenössischem Militärstrafgesetz wird mit bis zu drei Jahren Haft bestraft, wer „ohne Erlaubnis des Bundesrates in fremden Militärdienst eintritt“. Doch erst muß er seine Mission in Syrien erfüllen, den Islamischen Staat besiegen und „meinen Vater finden“, so Cosar.

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