© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  47/14 / 14. November 2014

Negative Folgen der Rußlandsanktionen
Darum sinkt der Milchpreis
Petr Bystron

Millionen Hausfrauen freuen sich: Die Milch wird billiger! Aldi senkte vor einer Woche seine Preise für einen Liter Vollmilch um satte 10 Cent auf 59 Cent. Die anderen Händler wie Lidl, Penny oder Rewe zogen nach. Mit dem Milchpreis sank auch der Preis für Milcherzeugnisse wie Butter und Käse.

Grund zur Freude besteht jedoch nicht. Der Preisverfall hängt mit dem Überangebot zusammen und kommt nicht überraschend. Bereits im Juli meldete der Bundesverband der Deutschen Milchviehhalter (BdM) seine Sorgen vor einem Preisverfall wegen der Rußland-Sanktionen. „Es steht zu befürchten, daß die Nachfrage ausfällt und die Preise sich nach unten entwickeln“, prognostizierte damals der Vorsitzende des Verbandes, Romuald Schaber.

Dafür mußte er kein Hellseher sein. Der Preis-einbruch war nur eine Frage der Zeit. Denn auf die Wirtschaftssanktionen der EU gegen Rußland reagierte das Land mit Gegensanktionen. Die Russen erschwerten vor allem die EU-Exporte von Lebensmitteln auf ihren Markt. Als erste erwischte es die Fleischproduzenten. Ihre Exporte sackten um 70 Prozent ab. Der Export bestimmter Warengattungen – wie zum Beispiel des tiefgekühlten Rindfleischs – brach völlig zusammen, wie der Verband der Fleischwirtschaft bestätigt. Die Obstexporteure klagen ein ähnliches Lied. Auch andere Branchen leiden unter den politischen Sanktionen. Besonders stark die deutschen Auto- und Maschinenbauer: Alleine im zweiten Quartal brachen die Exporte von Fahrzeugen und Kraftwagenteilen um 24,4 Prozent auf 3,1 Milliarden Euro ein, die von Maschinen um 18,7 Prozent auf 3,4 Milliarden Euro. Die Ausfuhr von Nahrungs- und Futtermitteln, zu denen eben auch Milch und Fleischerzeugnisse zählen, schrumpfte sogar um 31,9 Prozent auf 420 Millionen Euro. Damit hat sich der Abwärtstrend beschleunigt: In den ersten drei Monaten dieses Jahres waren die Exporte nach Rußland „nur“ um 13 Prozent gefallen.

Die Milchbauern sind besonders betroffen. Der Einbruch der Nachfrage in Rußland trifft sie gerade in einer Phase, in der sie ihre Betriebe erweitern wollten. Denn im kommenden Jahr läuft die Milchquotenregelung aus und damit die Mengenbeschränkung für die Produktionsbetriebe. In Zeiten der Globalisierung setzten viele Großbetriebe auf Expansion und sind dabei, ihre Kapazitäten auszubauen.

Die Branche, die jahrzehntelang von Subventionen lebte, wird sich nicht um ihre Gewinne bringen lassen, nur weil die Preise einbrechen: „Die Milchviehhalter erwarten jetzt wenigstens, daß die Politik dafür Sorge trägt, die Verluste, die den Erzeugern durch die Versäumnisse der vergangenen Monate entstehen, zu minimieren“, formuliert Romuald Schaber den einfachen Gedanken, daß der Staat die Subventionsgießkanne rausholen soll.

Am Ende sollen die Steuerzahler für die Rußland-Sanktionen der Regierung bestraft werden. Die Politik wird diesem Hilferuf kaum widerstehen können. Vom Rußlandgeschäft hängen gut 300.000 Stellen in Deutschland ab.

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