© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  47/14 / 14. November 2014

Laura Poitras machte Edward Snowden berühmt. Jetzt läuft ihr Film über ihn im Kino.
Die Zeugin
Wolfgang Kaufmann

Sie ist die Frau, die Edward Snowden bekannt machte. Im Januar 2013 wandte sich der NSA-Whistleblower an die US-Dokumentarfilmerin Laura Poitras, wobei er das Pseudonym „Citizenfour“ („Bürger Nummer vier“) verwendete. Daß Snowden gerade sie anschrieb, hatte zwei Gründe. Zum einen war der Enthüllungsjournalist Glenn Greenwald, den er zuvor kontaktiert hatte, nicht in der Lage, verschlüsselt zu antworten. Zum anderen kannte Snowden die Regisseurin, weil sie seit 1995 mit ihren Filmen auf gesellschaftliche Mißstände hinweist.

Besonders machte die 1962 in Boston geborene Multimillionärstochter mit ihrer Trilogie über den „Krieg gegen den Terror“ von sich reden. 2006 wurde ihr Film „My Country, My Country“ über die desolate Situation im besetzten Irak für einen Oscar nominiert. Zugleich geriet Poitras aber auch in den Fokus der US-Heimatschutzbehörde, die sie auf ihre Beobachtungsliste setzte. Konsequenz: Jede Einreise in die Vereinigten Staaten war von nun an mit schikanösen Kontrollen verbunden.

Um zu vermeiden, daß dies ihre Arbeit und ihre Quellen gefährdet, übersiedelte Poitras im Herbst 2012 nach Berlin. Von hier aus flog sie dann auch zusammen mit Greenwald und Ewen MacAskill, dem Geheimdienstexperten des britischen Guardian, nach Hongkong, um Snowden zu interviewen. Das dabei entstandene Filmmaterial diente als Basis für das kurze Video, welches 2013 auf Youtube sowie der Netzseite des Guardian eingestellt wurde – was Edward Snowden schlagartig weltweite Berühmtheit verschaffte.

Nun findet es in Poitras neuestem Dokumentarfilm Verwendung, der seit kurzem auch in den deutschen Kinos läuft und – wenig verwunderlich – „Citizenfour“ heißt. Darin zeichnet sie ein detailliertes Bild von Snowden und dem Überwachungsstaat USA unter der Präsidentschaft des Friedensnobelpreisträgers Barack Obama, wobei der Zuschauer auch erfährt, daß es inzwischen eine „neue Quelle“ gebe, von der Greenwald höchst geheime Informationen über die Aktivitäten der NSA erhalte.

Parallel zur Arbeit an ihren Filmen, welche der publicityscheuen Poitras immer wieder viel öffentliche Aufmerksamkeit und diverse Auszeichnungen wie den Henri-Nannen-Sonderpreis bescherten, betreibt die Regisseurin mit Bachelorabschluß in „Public Engagement“ gemeinsam mit Greenwald und dem Investigativjournalisten Jeremy Scahill die Netzseite „The Intercept“ („Der Abhörer“). Deren Aufgabe sieht sie vor allem darin, weitere Enthüllungen über Korruption, Justizmißbrauch, soziale Ungerechtigkeiten sowie die Verletzung von Bürgerrechten vorzunehmen, um „dem Ideal einer wahrhaft freien und unabhängigen Presse als lebensnotwendige Komponente jeder gesunden demokratischen Gesellschaft“ Geltung zu verschaffen.

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