© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  46/14 / 07. November 2014

Kurz die Welt vor den Orks retten
„Mordors Schatten“ und „Beyond Earth“: Die neusten Kracher auf dem Markt für PC-Spiele
Henning Hoffgaard

Die Erde ist am Ende. Keine Rohstoffe mehr, dafür jede Menge Luftverschmutzung. Zeit, sich einen neuen Planeten zu suchen. Zugegeben, die Rahmenhandlung von „Sid Meier’s Civilization: Beyond Earth“ ist nicht wirklich neu oder kreativ. Dennoch ist es den Entwicklern der PC-Spiele-Schmiede „Firaxis Games“ gelungen, die Meßlatte im Genre der Aufbausimulationen ein gehöriges Stück nach oben zu legen.

Handel, Wirtschaft, Krieg: Alles muß geplant werden

Zwar ist die Grafik von „Beyond Earth“ (Jenseits der Erde) alles andere als revolutionär, darum geht es den Machern aber auch gar nicht. Ihnen geht es um die Spieltiefe. Und die kann sich sehen lassen. Wer einfach nur ein paar Städte auf dem fremden Planeten baut, wird schnell von den Konkurrenten oder den primitiven, aber ziemlich aggressiven einheimischen Spezies überrannt. Forschung, Entwicklung, Kolonisation und Krieg müssen gut geplant werden. Jeder Schritt sollte gut durchdacht werden. Welche Technologie erforsche ich zuerst? An welcher Stelle gründe ich meine neuen Städte? Mit welchen Gegnern schmiede ich ein Bündnis? Keine Entscheidung bleibt ohne Konsequenzen. Zeitdruck herrscht bei der Beantwortung der Fragen nicht. „Beyond Earth“ läuft wie seine fünf Vorgänger der „Civilization“-Reihe nicht in Echtzeit, sondern ist rundenbasiert. Langeweile ist nicht zu befürchten.

Acht unterschiedliche spielbare Fraktionen (von der Afrikanischen Union über die Panasien-Kooperative bis hin zu Polystralien) stehen zur Verfügung. Jede mit einzelnen Stärken und Schwächen. Mit Fortschreiten der Zeit muß sich der Spieler zudem für die Tugenden wie Macht oder Wissen entscheiden. Auch bei der Frage, welcher Planet besiedelt werden soll, stehen Dutzende unterschiedliche Parameter zur Auswahl. Vegetation, Meeresspiegel, Anzahl der Ressourcen, Aggressivität der Außerirdischen und die Menge der Gegenspieler. So gleicht kein Spiel dem anderen. Wer Spaß an tiefgründiger Strategie hat, kann bei „Beyond Earth“ nichts falsch machen. Kostenpunkt: etwa 45 Euro.

In der gleichen Preiskategorie befindet sich auch eine andere Neuerscheinung. Alles, was mit dem Herrn der Ringe und der Welt von J. R. R. Tolkien in Verbindung steht, hat das Zeug zum Kassenschlager. Bücher, Filme, Sammelkarten, Kleidung. Kein Wunder, daß der PC-Spielemarkt seit Jahren mit entsprechenden Titeln überflutet wird. „Mordors Schatten“ ist der neueste in der Reihe. Die Kritiken sind fast durchweg positiv.

Genre-Neulinge müssen sich auf Frust einstellen

Doch ist das Spiel sein Geld auch wert? Ja, allerdings nicht für jeden. Im Mittelpunkt der Geschichte steht der Waldläufer Talion. Seine Familie wurde von den Orks des dunklen Fürsten Sauron ermordet. Der Spieler steht nun vor der Aufgabe, in Mordor, im Herzen des Gegners, Rache zu üben. Ziel der Kampagne ist es, die wichtigsten Offiziere der Ork-Armee auszuschalten. Dafür muß der Spieler alle Register ziehen. Schleichen, meucheln, klettern und offener Kampf.

Als Waffen stehen Schwert, Dolch sowie Pfeil und Bogen zur Verfügung. Doch nicht nur Ork-Häuptlinge stehen auf der Aufgabenliste. Daneben müssen Sklaven befreit, Kräuter zur Heilung gesammelt und magische Gegenstände gesammelt werden. Grundsätzlich steht jedoch der Kampf im Mittelpunkt. Wer mit derartigen Spielen keine Erfahrung hat, wird die ersten Stunden einigen Frust verspüren. Wie war noch mal die Tastenkombination für den Niederschlag? Wo ist mein Bogen hin? Warum kann ich nicht mehr schleichen? Das alles braucht einige Zeit. Gerade Neueinsteiger werden den einen oder anderen Tod des Charakters hinnehmen müssen.

Sie werden jedoch durch atemberaubende Kampfszenen und eine wirklich exzellente Grafik entschädigt. Die Optik ist einzigartig. Mit dem Ausbau von Fähigkeiten, magischen Eigenschaften und einer dynamischen Spielgeschichte gewinnt „Mordors Schatten“ sogar Rollenspiel-Charakter. Es bleibt dem Spieler überlassen, welche Aufgaben er wann löst und vor allem wie er das anstellt. Zudem treten immer wieder zufällige Ereignisse ein, die für weitere Aufregung sorgen und schnelle Entscheidungen erfordern. Wem das zu nervenaufreibend ist, sollte die Finger davon lassen.

Foto: Spielszenen aus „Beyond Earth“ und „Mordors Schatten“: Grafisch sind beide ausgereift, Mordors Schatten (rechts) hat aber mehr Action

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