© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  46/14 / 07. November 2014

CD-Kritik: Brahms / Deutsches Requiem
Freude und Trost
Sebastian Hennig

Jedes Jahr am Totensonntag erklingt in Dresden „Ein deutsches Requiem“ von Johannes Brahms. Für den Kreuzchor ist es der musikalische Schlußpunkt des Kirchenjahres. Eine Aufnahme der letztjährigen Aufführung in der Kreuzkirche ist jetzt als Tonträger erschienen. Unter der Leitung von Roderich Kreile wogt ein Meer aus Düsternis heran und schlägt über dem Kopf des Zuhörers zusammen. Das Wort ist heilig. In Luthers Deutsch wird es dem Erdenwurm mit Nachdruck eingepaukt.

Ein gewaltig schwerer Trauermarsch kündet bei Brahms von der Vergänglichkeit allen Lebens. Mit gebrochenem und doch festem Bariton erfleht Daniel Ochoa von seinem Herrn die Einsicht in das Unabwendbare. Der Chor echot das Nämliche. Hier zeigt die evangelische Liturgie ihre theatralische Seite. Die Einsicht in das Schicksal wird zum umfassenden Drama. Mit feiner Zurückhaltung begleitet die Dresdner Philharmonie. Immer wieder lindert und versöhnt das Orchester. Es reißt die Chorstimmen mit sich hinein in eine Bewegung, die Zerknirschung in Jubel verwandelt. Fast heller noch als der Knabenchor verkündet Sibylla Rubens Sopran mit Johannes Worten Freude und Trost. Das Flehen hat sich gestillt. Beruhigtes Ewigkeitsgefühl breitet sich aus. „Selig sind die Toten“, sphärisch schwingen die Knabenstimmen zuletzt ins Überirdische hinüber.

Johannes Brahms Ein deutsches Requiem Dresdner Kreuzchor Berlin Classics, 2014 www.edelclassics.de

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