© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  45/14 / 31. Oktober 2014

Einführung der Finanzplanwirtschaft fördert Schattenbanken
Regulierung bewirkt Gegenteil
Thomas Kirchner

Im Streben nach einem sicheren Finanzsystem, in dem sich die letzte Krise nicht noch einmal wiederholen kann, haben Aufsichtsbehörden in den USA und Europa ein noch krisenanfälligeres Klima geschaffen als zuvor. Vor der Krise trafen Banken wirtschaftliche Entscheidungen auf wirtschaftlicher Grundlage. Das war im Rückblick zwar nicht immer die richtige Entscheidung, aber immerhin hatte sie eine wirtschaftliche Basis. Heute treffen Banken Entscheidungen nach zwei juristischen Gesichtspunkten: 1. Ist es ein Geschäftsfeld, in dem wir eine Milliardenstrafe aufgebrummt bekommen können? 2. Wie langfristig können wir uns binden, wenn das Risiko besteht, daß während des Engagements plötzlich die Kapitalanforderungen erhöht werden?

Kein Wunder, daß die Banken sich aus vielen Geschäftsfeldern zurückgezogen haben und bevorzugt angeblich risikoarme Staatsanleihen und liquide Einlagen bei Zentralbanken halten. Doch die Nachfrage nach Finanzdienstleistungen ist nicht über Nacht verschwunden, und so treten in manchen Bereichen nun andere Dienstleister auf. Finanzmarktkritiker reagieren aufgeschreckt angesichts dieser sogenannten „Schattenbanken“ und fordern deren Regulierung als Banken. Ein Phänomen, das ja aus anderen Bereichen wohlbekannt ist: Wenn Nachfrage besteht, findet sich auch ein Angebot.

Eine der unbeabsichtigten Nebenwirkungen der Bankenregulierung ist, daß den Bankenregulierern jetzt die Funktion eines Gosplan (staatliche Planungskommission in der Sowjetunion) zukommt: Ihre Vorschriften entscheiden, in welche Wirtschaftsbereiche wieviel Kapital in welcher Form fließt. So wird die Marktwirtschaft durch die Hintertür zur Planwirtschaft.

Beispiel Firmenübernahmen: Erwirbt ein Unternehmen ein anderes, nimmt es dafür häufig hochverzinste Kredite auf. Dafür werden aber ab 2019 besonders hohe Kapitalanforderungen fällig. Deshalb zögern Banken schon heute, Kredite für Unternehmenskäufe mit Laufzeiten von mehr als fünf Jahren zu vergeben. Im Ergebnis leiden darunter strategische Unternehmensentscheidungen.

Ähnlich sieht es mit hochverzinslichen Anleihen aus: Die dienen zwar der Finanzierung mittlerer Unternehmen, gelten aber aufsichtsrechtlich als hochriskant. Banken haben sich aus diesem Bereich des Finanzmarkts weitgehend zurückgezogen, so daß es für Anleger schwieriger geworden ist, Käufer oder Verkäufer zu finden. Das Resultat sind höhere Preisschwankungen – also genau das Gegenteil von Sicherheit und Stabilität.

Weder die Finanzaufsicht noch irgendeine andere staatliche Behörde hat je erfolgreich die Allokation von Kapital gesteuert. Auch diesmal wird es in einem Fiasko enden. Wir können also nur hoffen, daß sich die Schattenbanken auch in Europa schnell entwickeln und die von überregulierten Banken aufgegebenen Sektoren bald umfangreich bedienen können, ohne dabei auch selbst überreguliert zu werden.

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