© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  44/14 / 24. Oktober 2014

Nur an Tollwut stirbt man sicherer
Tödliches Ebola-Fieber: Es gibt weder Impfung noch Therapie / WHO: Internationaler Gesundheitsnotfall
Markus Brandstetter

Das Ebola-Fieber – für die derzeit meistgefürchtete Infektionskrankheit ist ein Virus verantwortlich. Der Name der Krankheit rührt vom Ebola-Fluß in einem Land her, das ganz früher einmal als Belgisch-Kongo bekannt war, sich dann Zaire nannte und heute Demokratische Republik Kongo heißt. Hier ereignete sich im August 1976 der erste bekannte Ausbruch des Virus, und bereits damals zeigte sich, daß Ebola einer der gefährlichsten Killer im Reich der Natur ist: von den 318 Erkrankten starben 280, was einer Letalität von 88 Prozent entspricht. Nur die Tollwut hat eine höhere Sterblichkeitsrate.

Das Trügerische an Ebola: Die Krankheit beginnt wie eine ganz normale Grippe. Der Infizierte fühlt sich anfangs müde, bekommt Fieber, schließlich Kopf- und Gliederschmerzen. Dann folgen Erbrechen, Durchfall, eine Halsentzündung, Probleme beim Schlucken und Atemschwierigkeiten. Fünf bis zehn Tage nach dem Ausbruch der Krankheit beginnen die Kranken im Körperinneren zu bluten. Ihre Schleimhäute, der ganze Magen-Darm-Trakt, bei Frauen die Vagina, die Mundhöhle, das Zahnfleisch – alles blutet unablässig nach innen und schwächt den Körper.

Wer sich vom Fieber erholt, ist lebenslang immun

Die Inkubationszeit, also die Zeit, die zwischen der Infizierung mit dem Virus und dem Ausbruch der Krankheit vergeht, beträgt bei Ebola normalerweise acht bis zehn Tage, kann aber in Extremfällen entweder nur zwei Tage oder aber drei Wochen ausmachen. Zum Vergleich: Die Inkubationszeit einer Grippe beträgt drei Tage, die von Masern zwölf, Mumps benötigt 18 Tage bis zum Ausbruch und das Pfeiffersche Drüsenfieber 42.

Die Ansteckung mit dem Ebola-Virus geschieht leicht und schnell. Für einen anderen Menschen genügt es, wenn er mit dem Blut des Kranken oder mit seinen Körperflüssigkeiten in Kontakt kommt: Speichel, Schleim, Urin, Stuhl, Sperma, Vaginalsekrete, Erbrochenes, Schweiß, Tränenflüssigkeit und sogar die Muttermilch übertragen die Ebola-Viren. Auch über medizinische Instrumente, Spritzen, Kleidungsstücke, Bettbezüge, Handtücher, Zahnbürsten und Kämme kann das Virus übertragen werden.

Ärzte, Schwestern und Pfleger, die mit Ebola-Kranken zu tun haben, müssen deshalb eine Haube, die Kopf und Gesicht vollständig bedeckt, eine Atemmaske, zwei Paar Handschuhe und einen den Körper vollständig bedeckenden Schutzanzug tragen. Selbst die Schuhe müssen komplett mit einem für Flüssigkeiten undurchdringlichen Material umhüllt sein. Offenbar wurde dieser Rat der Organisation „Ärzte ohne Grenzen“, die jahrzehntelange Erfahrung mit Ebola hat, in einem Krankenhaus in Texas, wo ein Ebola-Kranker aus Liberia behandelt wurde, nicht beachtet, weshalb sich dort zwei Krankenschwestern mit dem Virus infizierten.

Gegen eine Infektion gibt es bislang weder eine Impfung noch eine Therapie. Mindestens jeder zweite Kranke stirbt unweigerlich. Die Behandlung besteht hauptsächlich in der Linderung der Symptome. Am wichtigsten ist es, den internen Flüssigkeitsverlust des Körpers durch Infusionen und Bluttransfusionen auszugleichen. Da bei den Infizierten oft Lunge und Nieren versagen, müssen die Patienten an eine künstliche Niere und an die Herz-Lungen-Maschine angeschlossen werden, was in der Regel auf einer Intensivstation geschieht. Erkrankte, die das Ebola-Fieber überleben, erholen sich jedoch meist schnell und vollständig davon und sind für den Rest ihres Lebens gegen den speziellen Virenstamm, der zu ihrer Erkrankung führte, immun.

Massenhafte Ansteckung auf überregionalen Märkten

Ebola ist eine so bezeichnete „Zoonose“, also eine Infektionskrankheit, die von Tieren auf den Menschen übertragen wird. Solche Krankheiten springen aus einem Wirtstier, das man auch als „Reservoir“ des Virus bezeichnet, auf den Menschen über, zum Beispiel dadurch, daß der Mensch die Wirtstiere jagt, schlachtet und ißt. Wirtstiere für das Ebola-Virus sind mit hoher Wahrscheinlichkeit Flughunde, die wie große Fledermäuse aussehen und mit ihnen eng verwandt sind.

Flughunde sind in den tropischen Regionen Afrikas heimisch. In Afrika kommen sie in aller Regel in eine scharfe Suppe oder werden gegrillt. Nach allem, was man heute weiß, ist es am wahrscheinlichsten, daß im Dezember 2013 ein zweijähriger Junge aus dem westafrikanischen Guinea seine Familie angesteckt hat und das erste Todesopfer des jetzigen Ebola-Ausbruchs wurde. Guinea hat gemeinsame Grenzen mit Liberia und Sierra Leone, weshalb sich das Virus durch Busreisende, die überregionale Märkte im Dreiländereck besuchten, rasch verbreiten konnte – es genügt ein Händedruck in einem vollbesetzten Bus oder die übliche Umarmung zur Begrüßung.

Im Laufe des aktuellen Ausbruchs haben sich bislang 9.000 Menschen infiziert, von denen über 4.500 gestorben sind. Die Dunkelziffer der Todesfälle liegt nach Angaben der Weltgesundheitsorganisation (WHO) in Genf erheblich höher. Der derzeitige Ausbruch ist aber schon jetzt der massivste der Geschichte. Die WHO stufte die Epidemie bereits im August als internationalen Gesundheitsnotfall ein. Zwei Fälle sind bislang aus den USA bekannt, einer aus Spanien. Die Bundesregierung rät von Reisen nach Guinea, Liberia und Sierra Leone, wo sich die weitaus meisten Menschen infizierten, selbstredend ab. Ob das Risiko, sich in Deutschland anzustecken, gering ist, kann wegen der praktisch unkontrollierten Einwanderung und unzureichender Schutzmaßnahmen schwer eingeschätzt werden (Seite 11).

Die Hoffnung auf eine baldige Therapie oder eine Impfung gegen das Virus sind gering, da Ebola – wie auch Influenza, Hepatitis C und SARS – zur Gruppe der RNS-Viren gehört, die nur über einen einzigen DNS-Strang verfügen. Dadurch mutiert das Virus häufig und paßt sich besser an seine Wirte an, was die Entwicklung eines Impfstoffes äußerst kompliziert macht.

Foto: Kinder in Conakry, der Hauptstadt Guineas, waschen sich unter Anleitung von Unicef die Hände: Epidemie außer Kontrolle

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