© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  44/14 / 24. Oktober 2014

Wenn der Tod naht
Erfahrungstrip: „Good Luck Finding Yourself“ dokumentiert die Indien-Reise einer Krebskranken
Claus-M. Wolfschlag

Einen ganz persönlichen Dokumentarfilm über das Sterben hat der 1978 geborene Severin Winzenburg gedreht. Sein Streifen „Good Luck Finding Yourself“ handelt von der Krebserkrankung seiner Mutter. Nun ist in den gezeigten Szenen aber keinesfalls deutsche Krankenhausatmosphäre zu sehen, sondern ein recht bunter Erfahrungstrip. Und Winzenburgs Mutter ist keine ganz Unbekannte, handelt es sich doch um die Autorin Jutta Winkelmann, deren Schwester Gisela 1974 den Enkel des Multimillionärs Jean Paul Getty heiratete. Winkelmann selbst ist seit den 1970er Jahren Teil des „Harems“ um die 68er-Ikone Rainer Langhans.

Folglich zeigt der Streifen auch eine recht unkonventionelle Auseinandersetzung mit dem Tod. Winkelmann reist nach Indien, um dort Erkenntnisse zur Bewältigung der eigenen Vergänglichkeit zu gewinnen. Begleitet wird sie von der Filmemacherin Christa Ritter und der Schauspielerin Brigitte Streubel sowie Rainer Langhans, der den Film mit stoischer Ruhe und gelegentlich eingeworfenen Lebensweisheiten garniert.

Der Film zeigt Momentaufnahmen von der Reise und Auseinandersetzungen innerhalb der Gruppe. Momente der Innigkeit wechseln ab mit Streitigkeiten und den gesundheitlichen Problemen, denen vor allem der älter werdende Körper ausgesetzt ist.

Auch wenn der Zuschauer nicht allen Begebenheiten folgen mag, so entfaltet dieser ungewöhnliche Reisebericht doch seine Aura. Nicht allein durch die Nähe des Todes bei der Hauptperson, sondern auch durch das lärmende, aber bisweilen märchenhaft faszinierende Indien, das in vielen Facetten dieses Roadtrips fast beiläufig eingefangen wird.

Die Reise führt über die „Totenstadt“ Varanasi bis zum tibetisch beeinflußten Himalaya-Hochland und an die Tropenstrände Keralas. Dabei werden immer wieder Fragen zu Liebe und Spiritualität thematisiert, aber auch zum ursprünglichen Leben im Gegensatz zum westlichen Materialismus.

„Von Rot-Orange-Rouge zu Grau-Depressiv“, beschrieb Christa Ritter farblich die Rückkehr nach Deutschland im März vorigen Jahres. „Wie langweilig München wirkt. Verschlafen, kein schreiendes Miteinander, bunt und wild wie bisher. (…) Die Stadt kalt, grau, kaum Menschen auf der Straße, etwas Depressives schien aus allen Schlüssellöchern zu kriechen, geradeaus marsch marsch als trostloser Inhalt deutscher Befindlichkeit.“

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