© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  44/14 / 24. Oktober 2014

O ihr edlen Piraten
Personalkosten einsparen: Roboterschiffe werden fernab ihrer späteren Einsatzgebiete vor den Küsten Norwegens getestet
Richard Stoltz

Mit Hochdruck wird zur Zeit an vielen Orten, zum Beispiel in der Fachhochschule für Computer- und Schiffahrtstechnik in Hamburg-Harburg, an der Konstruktion eines riesigen Containerfrachters ohne menschliche Besatzung gearbeitet. Schon gibt es ein komplettes Modell eines solchen Frachters im Maßstab 1:20, das auch bereits in Norwegen höchst erfolgversprechend getestet worden sei.

Die Branche setzt große Hoffnungen auf „autonom fahrende Schiffe“, auch „Roboterschiffe“ genannt. Durch Roboterschiffe, heißt es, könnte eine Menge Geld gespart werden, es gäbe keine menschlichen Unfälle an Bord und keine Fehlentscheidungen mehr, und durch die autonome Steuerung entfielen Personalkosten für teure Navigatoren. Nur ein einziger Mensch wäre noch zu bezahlen, und der säße gar nicht im Schiff, sondern irgendwo an Land und überwache das Geschehen via Satellit.

Weshalb aber werden sämtliche Experimente für das künftige Roboterschiff an den Küsten Norwegens ausgeführt und nicht an den Küsten Somalias oder Eritreas, wo die Schiffe doch schließlich eingesetzt werden sollen? Ja, sagen die Fachleute in Harburg, dort operierten die berüchtigten Piraten, und deren Verhaltensweisen seien von keinem Computer berechenbar, bis heute jedenfalls.

„O ihr edlen Piraten!“ ist man versucht auszurufen. „Ihr liefert den Beweis dafür, daß der lebendige Mensch den stur Daten sammelnden Algorithmen letzten Endes doch unendlich überlegen ist! Hißt also ruhig euren Jolly Roger! Solange der flattert, wissen wir, daß wir keine Ur-Angst vor Robotern zu haben brauchen.“

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