© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  44/14 / 24. Oktober 2014

Die Risiken sind handhabbar
Fracking: Auf einer Konferenz wurden die Vor- und Nachteile der umstrittenen Schiefergasförderung abgeklopft
Taras Maygutiak

Völlig unabhängig vom Erdgas- und Erdölimport wird Deutschland wahrscheinlich nie sein. Doch wertvolle Ressourcen schlummern auch im heimischen Boden. Mit der Fracking-Methode könnten sie gewonnen werden. Es gibt jedoch große Widerstände von Umweltschützern, die behaupten, das Grundwasser könne vergiftet werden und die Förderung sei zu teuer. Wirklich?

Die USA wollen sich von Importen unabhängig machen

Bei der 8. Internationalen Klima- und Energiekonferenz des Europäischen Instituts für Klima und Energie (Eike) in Frankfurt am Main war Fracking das Thema mehrerer Vorträge. Beleuchtet wurde dabei, was Fracking überhaupt ist und wie eventuelle Risiken einzuschätzen sind. Beim Fracking werden Schiefer und schieferähnliches Gestein, das Erdgas beziehungsweise Erdöl enthält, zunächst angebohrt.

Unter hohem Druck werden anschließend Flüssigkeiten hineingepreßt, um das ursprünglich dichte Gestein durchlässig zu machen und das enthaltene Gas oder Öl herauszubekommen. Die Methode gibt es seit Jahrzehnten, in den vergangenen Jahren gewann sie in den USA jedoch zunehmend an Bedeutung, da dort große Lagerstätten ausgemacht wurden, die heute ausgebeutet werden, führte Geologe Friedrich-Karl Ewert an.

Die USA wollen damit unabhängig von Importen werden. Laut Ewert gibt es solche Lagerstätten weltweit an vielen Orten, auch in Deutschland. Erdgas und Erdöl entstehen, wenn organische Substanzen nach dem Absterben in Gewässern im Sediment begraben werden und mangels Sauerstoff nicht verwesen, sondern zu Kohlenwasserstoffen wie Methan werden.

Wenn sich im Laufe langer geologischer Zeiten weitere Sedimentschichten darüber ablagern, werden die untenliegenden kohlenwasserstoffhaltigen Schichten durch Druck zu Gestein verfestigt, dem sogenannten Erdölmuttergestein. Ewert geht davon aus, daß sich weltweit nur ein Teil des Erdölmuttergesteins in der Nachbarschaft von porösen Speichergesteinen – den konventionellen Lagerstätten – befand. Einen weitaus größeren Teil vermutet er in Lagerstätten mit sehr gering durchlässigen und dichten Gesteinsschichten, die nur durch Fracking ausgebeutet werden könnten.

Brennende Wasserhähne gab es schon vor Fracking

Der technische Aufwand ist natürlich größer, die Wirtschaftlichkeit ist deshalb noch geringer als bei der konventionellen Förderung. Das Entwicklungspotential sei da aber noch längst nicht ausgeschöpft, meint Ewert.

„Nordrhein-Westfalen ist von der Diskussion intensiv betroffen“, sagte Volker Wrede vom Geologischen Dienst des Bundeslandes in seinem Vortrag. Er trat, obwohl die rot-grüne Regierung aus NRW gegen das Fracking ist, als offizieller Vertreter des Geologischen Dienstes auf und machte sich daran, die Risiken, die Kritiker immer wieder ins Feld führen, zu entkräften: Die Gefahr von kleineren Erdbeben bei Bohrungen nannte er „handhabbar.“

Und wie sieht es mit der Beeinträchtigung des Grundwassers durch die Frack-Fluide aus – also die Stoffe, die dem Wasser beigemengt werden, das mit Druck in die tiefen Gesteinsschichten gepreßt wird? Die Diskussionen über die Frack-Fluide bewertete er positiv. Zwar werde für jede Bohrung einzeln ein Stoffgemisch hergestellt, „aber heute können Sie die Flüssigkeit praktisch trinken“, erklärte Wrede. In der Regel handle es sich um Methylzellulose, also nichts anderes als Tapetenkleister.

Ob und wie dennoch Frack-Fluide verunreinigen könnten, seien technische Probleme. Beim Rückfluß müsse geschaut werden, ob es zu Einsickerungen an der Oberfläche komme. Er betonte: „Weltweit gibt es keinen Fall, bei dem von unten her das Grundwasser beim Fracking verseucht worden wäre – Sie finden keinen Fall.“

Ein weiterer Punkt, den Kritiker des Frackings ins Feld führen, ist die Freisetzung von Methan. Eindrucksvoll wird in dem Film „Gasland“ aus den USA, den Fracking-Gegner zur Propaganda einsetzen, gezeigt, wie neben einer Fracking-Anlage in Colorado das Leitungswasser durch Methan brennbar ist. „Die Bilder der brennenden Wasserhähne haben nichts mit dem Abbau zu tun“, sagte Wrede.

Lange bevor es dort Fracking gab, sei dies bereits 1976 publiziert worden. Er habe sogar noch viel ältere Aufnahmen der brennenden Wasserhähne in der Region gefunden: „Bereits 1965 war das in allen Zeitungen“, zeigte er die entsprechenden Zeitungsbilder. Dazu, ob es in Deutschland zum Abbau durch Fracking kommen werde, wagte er keine Prognose.

Medien konzentrieren sich auf negative Aspekte

Rechnet es sich? Wie viele Lagerstätten gibt es? Wie werden es die Genehmigungsbehörden handhaben? Das sind die Fragen, die offen sind. „Pauschalurteile dazu sind derzeit nicht möglich“, so der Geologe. Die Diskussion beim Thema „Fracking“ sei – wie die Klimadiskussion – „nicht von den empirischen Beobachtungen gedeckt“, erklärte Eike-Generalsekretär Wolfgang Müller, weshalb er das Thema auf die Tagesordnung gesetzt hatte.

„Die Medien konzentrieren sich darauf, möglichst negative Seiten des Frackings hervorzuheben“, monierte er. „Wir wollten zeigen, daß es sich beim Fracking um eine erprobte, seit Jahrzehnten unspektakuläre Technologie handelt.“

Gehöre in den USA einem Eigentümer von Land alles, was darunter liege – egal bis in welche Tiefe –, sei dies in Deutschland anders, Müller zufolge mit ein Grund, weshalb Interesse und Motivation, sich mit dem Fracking zu befassen, hier eher gering seien: „Es ist ein Dilemma, daß uns die Bodenrechte nicht gehören.“

Foto: Filmszene aus „Gasland“: Das Szenario der durch Fracking zum Brennen gebrachten Wasserhähne konnte widerlegt werden

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