© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  43/14 / 17. Oktober 2014

Physik zu unproduktiv: Krasser Wandel der Bewertungsmaßstäbe
Ökonomisierung der Forschung
(wm)

In Portugal steht eine große Zahl von Forschungseinrichtungen vor dem Aus. Anders als im gleichfalls von der Euro-Krise gebeutelten Spanien und in Griechenland sind aber nicht vorrangig Budgetkürzungen dafür ursächlich. Vielmehr sind es veränderte Evaluierungsmaßstäbe, da die bislang allein für die Bewertung zuständige nationale Forschungsagentur FCT mit der European Science Foundation (ESF) kooperiert. Das habe zur Fixierung der Bewertung auf das Potential zur „Innovation“ und „direkten wirtschaftlichen Verwertbarkeit“ beigetragen. Folglich sei die Finanzierung physikalischer Grundlagenforschung wie sie am Zentrum für Kernphysik der Universität Lissabon stattfindet, der Geisteswissenschaften und der offenbar als extrem unproduktiv eingestuften und daher „besonders hart getroffenen Philosophie grundsätzlich in Frage gestellt“, wie Matthias Delbrück berichtet (Physik-Journal, 8/9-2014). In der Mitte und im Norden Portugals könnten sogar die Mehrzahl physikalischer Einrichtungen eliminiert oder beschränkt werden. Sollte sich dieses Bewertungsschema über die Europäische Wissenschaftsstiftung aus Straßburg in der EU durchsetzen, müßten sich nicht nur Physiker europaweit auf schwerwiegende Probleme bei der Finanzierung ihrer Forschungsprojekte einstellen.

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