© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  43/14 / 17. Oktober 2014

Aufgeschnappt
Übel der Vergangenheit
Matthias Bäkermann

Im kalifornischen Berkeley, dort wo sie immer die guten Ideen haben, korrigierte man den Namen schon 1992. Im regnerischen Seattle zogen die Stadtväter erst dieses Jahr nach und änderten den Namen „Columbus-Day“ endlich in „Indigenous Peoples’ Day“, was Tag der indigenen Menschen bedeutet, womit bis vor kurzem „Native Americans“ gemeint waren, zu denen viele Zeitgenossen des Kolonialismus noch viel kulturunsensibler „Indianer“ sagten.

In jenen unseligen Zeiten, genauer 1892, meinte US-Präsident Benjamin Harrison, anläßlich des Jahrestages der Landung von Christoph Kolumbus auf der Karibikinsel San Salvador (indigen: Guanahani) einen Gedenktag an die Entdeckung Amerikas am 12. Oktober 1492 ins Leben zu rufen.

Doch damit ist fortan Schluß. Weil das Erinnern an einen weißen Eroberer zu vielen Leuten weh tun könnte, wie das Seattler Stadtratsmitglied Bruce Harrell befürchtet. Bedenken von europäischstämmigen Nostalgikern wischt der US-Demokrat entschlossen vom Tisch und verteidigt den Ratsbeschluß vom vergangenen Montag: Seattle werde erst dann wirklich erfolgreich werden können, „wenn wir endgültig das Böse aus unserer Vergangenheit verdrängt haben“, ist sich Harrell sicher.

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