© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  42/14 / 10. Oktober 2014

Für Abenteurer im Kopf
Qualität made in Germany: Der Columbus-Verlag produziert seit mehr als einem Jahrhundert Globen
Paul Leonhard

Faszinierende Fregatten, gefährliche Seeungeheuer, wunderschöne Windrosen oder internationale Flaggen ziehen den Betrachter in ihren Bann. Wer vor dem neuen „Imperial“-Globus steht, beginnt zu träumen. Denn: „Die wahren Abenteuer finden im Kopf statt“, sagt Torsten Oester-gaard und fährt mit dem Finger über das Kunstwerk.

Das aus besonders ausgesuchtem amerikanischen Nußbaum gefertigte Holzgestühl ist mit Perlmutteinlagen über die Windrichtungen verziert, der Vollmeridian aus hochglanzpoliertem Messing handgraviert, das Kartenbild mit viel Liebe handgezeichnet. „Alle Globen und Wandkarten sind in Deutschland entwickelt und hergestellt“, sagt Oestergaard, Geschäftsführer der Columbus Verlag Paul Oestergaard GmbH, stolz.

Gerade als Globushersteller, der die Welt täglich vor Augen hat, fühle man sich der Nachhaltigkeit der Produktion besonders verpflichtet. Generationen haben wohl als Kinder und Jugendliche mit Weltmeeren und Kontinenten bedruckte Erdkugeln gedreht, ihre Heimat gesucht und von den Geheimnissen fremder Länder geträumt.

Auch wenn heute Fernreisen für viele finanziell erschwinglich sind, dem Globus hat das nichts von seinem Reiz genommen. „Tradition steht bei uns hoch im Kurs“, sagt Oestergaard. Der Familienbetrieb in der vierten Generation ist nach eigenen Angaben die älteste noch produzierende Globusmanufaktur der Welt.

Heute in Krauenwies in Baden-Württemberg ansässig, begann die Geschichte des Verlages in Berlin-Schöneberg, wo die Brüder Peter und Paul Oestergaard zwischen 1904 und 1909 Erd- und Himmelsgloben von 11, 19 und 33 Zentimetern Durchmesser fertigten und schließlich ein kartographischer Verlag als Familienunternehmen gegründet wurde.

Mit der Wiedervereinigung kam die Existenzkrise

Oestergaard entwickelte einen Pappglobus, bei dem das gedruckte Papier per Hand streifenweise auf die Kugel geklebt wurde. Unter dem Slogan „Ein Columbus Globus für jedes Heim“ wurde der „Volksglobus“ so erfolgreich vermarktet, daß er bald in jedem Haus seinen Platz fand. Schon zehn Jahre nach seiner Gründung exportierte das Unternehmen weltweit in 24 Sprachen.

Auch Staatsmänner zeigten sich an den für ihre vorbildliche Kartographie und geschmackvollen Ausführungen bekannten Globen interessiert. So war der „Columbus Globus für staatliche und industrielle Führer“ speziell zu Repräsentationszwecken gedacht und war mit einem Durchmesser von 106 Zentimetern der weltweit größte serienmäßig hergestellte Globus.

Zu den Staatsführern, die ihn bestellten, gehörte auch Adolf Hitler. Drei dieser Globen sind heute noch in Deutschland zu bewundern: im Märkischen Museum, im Deutschen Historischen Museum sowie im Geographischen Museum.

Unruhige Zeiten mit zerfallenden Staaten und neuen Grenzen sind auch schwierig für die Hersteller von Globen. Trotzdem wuchs das Unternehmen bis zum Zweiten Weltkrieg. Dieser führte aber zur Zerstörung von Verwaltung und Fertigung. Nach der russischen Blockade verließ die Familie Oestergaard schließlich 1948 Berlin und baute in einer Gastwirtschaft in Stuttgart den Verlag neu auf.

Ein erster Erfolg war die Fertigung eines Duo-Leichtglobus, bei dem zwei Kartenbilder gleichzeitig abgebildet werden können und der bald in 84 Varianten produziert wurde. 1965 folgte das Kunststoffmodell des Duplex-Globus, das den Globenmarkt revolutionierte.

Eine andere Revolution, 24 Jahre später, hätte dann für das Traditionsunternehmen fast das Aus bedeutet. Die weltpolitischen Veränderungen speziell in Europa ab 1989, das Auseinanderfallen der Sowjetunion, die deutsche Wiedervereinigung und das Entstehen zahlreicher neuer Staaten mit neuen Grenzen ließen die Nachfrage nach Globen zurückgehen, zu schnell und zu unberechenbar drehte sich die politische Welt.

Kunden stornierten die Aufträge, Globen mit der Aufschrift „DDR“ wurden zu Tausenden zurückgeschickt. „Grenzen waren kartographisch zunächst kaum korrekt erfaßbar und nicht über Jahre stabil“, heißt es in der Geschichte des Unternehmens. Peter Oestergaard, der als Enkel des Gründers 1963 in den Verlag eingetreten war, beabsichtigte 1993 einen Schlußstrich zu ziehen.

Aber die Einführung der digitalen Kartographie und neue Herstellungsverfahren ermutigten dessen Sohn Torsten Oestergaard, in Krauchenwies mit sechs Mitarbeitern einen erneuten Neustart zu wagen. Das unternehmerische Risiko hat sich gelohnt. Heute fertigen die 60 Beschäftigten der Columbus Verlag Paul Oestergaard GmbH jährlich rund 100.000 Globen in rund 140 verschiedenen Ausführungen an.

Die Frankfurter Buchmesse dient zur Neupräsentation

Neue Produkte werden traditionell auf der Frankfurter Buchmesse präsentiert. Vor drei Jahren waren es sprechende Globen, die mittels eines Audiostiftes über das Weltgeschehen berichteten. Ein Jahr später folgte der erste 4D-Globus, der die Wetterdaten der Metropolen in einer vierten Dimension oberhalb der Weltkugel schweben läßt. Dazu gibt es wichtige Informationen zu allen Staaten topaktuell präsentiert.

Auf der vergangenen Messe wurde das Standmodell mit der 40 Zentimeter großen, tiefblauen „Duo Azzurro“-Globuskugel gar zum Publikumsliebling gekürt. Torsten Oestergaard freut das: „Eine Liebeserklärung an ästhetisches Design und guten Geschmack.“

 

Breites Sortiment

Columbus Duo Azzurro Miniglobus

Der günstigste Tischglobus hat einen Durchmesser von zwölf Zentimentern, besteht aus Acrylglas, ist handkaschiert und kostet 19,95 Euro.

Columbus Magnum Imperial 111

Die handgezeichnete Luxusausgabe hat einen Durchmesser von 111 Zentimetern, ein Nußbaum-Gestühl und kostet 12.950 Euro.

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