© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  42/14 / 10. Oktober 2014

Ziel ist eine Denkfabrik
Gespräch mit Wolfgang Fenske über fünf Jahre Bibliotheksaufbau
Bastian Behrens

Herr Dr. Fenske, vor fünf Jahren entstand die Idee, aus einer vollgestopften Bücherhalde eine professionelle Bibliothek mit dezidiert konservativer Literatur aufzubauen. Heute sitzen Sie mit drei Etagen in zentraler Lage in der Berliner Fasanenstraße, ganz in der Nähe vom Bahnhof Zoo. Was geht Ihnen durch den Kopf, wenn Sie zurückschauen?

Fenske: Zunächst einmal bin ich dankbar, wenn andere uns die Fortschritte dieser fünf Jahre vor Augen führen. Wir selbst in unserer personell immer noch knappen Besetzung sind meist so sehr mit den Fragen des Alltags befaßt, daß wir uns diese Entwicklung gar nicht immer klarmachen. Denn Sie haben schon recht: Wer vor fünf Jahren prophezeit hätte, daß die Bibliothek diesen Erfolg haben würde, wäre wohl belächelt worden. Übrigens auch von uns.

Worauf führen Sie den Erfolg Ihrer Bibliothek zurück?

Fenske: Als Leiter einer Einrichtung, die sich zu 100 Prozent aus Spenden finanziert, muß ich hier natürlich zuallererst die Förderer und Unterstützer der Bibliothek nennen. Ohne sie wäre hier überhaupt nichts passiert. Jeder monatlich überwiesene Euro hat dazu beigetragen, den Aufbau der Bibliothek zu ermöglichen und sie mit all ihren Arbeitsbereichen zu dem zu machen, was sie heute ist.

Aber nur mit ein paar überwiesenen Euro wird das kaum machbar gewesen sein. Immerhin, Sie unterhalten drei Etagen in zentraler Berliner Lage. Ist das nicht mit erheblichen Kosten verbunden?

Fenske: Natürlich haben wir auch Spender größerer Beträge in unseren Reihen, sonst wäre die Rechnung nie aufgegangen. Bevor wir beispielsweise eine neue Etage angemietet haben, sind wir an diese Spender herangetreten, haben ihnen unser Vorhaben vorgestellt und gefragt, ob sie das unterstützen würden. Andere haben ohne Rücksprache namhafte Beträge überwiesen. All das ist natürlich großartig und dafür sind wir sehr dankbar. Um unsere Bibliothek jedoch langfristig auf eine sichere Grundlage zu stellen, sind wir auf viele Unterstützer angewiesen.

Hat Ihnen die politische Großwetterlage eher genützt oder geschadet?

Fenske: Ganz klar genützt! Die Linksverschiebung des politische Spektrums in Deutschland hat Ausmaße angenommen, daß Sie eigentlich nur noch den gesunden Menschenverstand walten lassen müssen, um als „konservativ“ zu gelten. Das merken die Leute natürlich, und das macht es ihnen einfacher, sich zu einem gesunden Konservatismus zu bekennen. Wir merken das an den diversen Nachfragen an Kooperationen. Die kommen längst nicht mehr nur aus traditionell konservativen Kreisen. Auch Liberale und Libertäre, Lebensschützer und christliche Kreise, Aktivisten für die Meinungsfreiheit und ordnungspolitisch denkende Mittelständler kommen ins Haus. Die meisten von ihnen hätten sich noch vor Jahren dagegen verwahrt, mit dem Etikett „konservativ“ in Verbindung gebracht zu werden.

Aber zwischen Libertären einerseits und etwa Nationalkonservativen andererseits gibt es doch auch große Differenzen. Kommt nicht irgendwann der Punkt, wo Sie auch als Bibliothek Farbe bekennen müssen?

Fenske: Als Bibliothek stellen wir zunächst einmal Literatur zur Verfügung, in unserem Falle also konservative Bücher, Zeitschriften und Archivalien, solche, die für Konservative interessant sind. Entscheidend ist, was Sie daraus machen! Sie können das, was Sie bei uns erfahren, wissenschaftlich oder politisch einsetzen, Argumente für oder gegen konservatives Denken sammeln. Wir unterziehen unsere Nutzer keiner Gesinnungskontrolle. Aber natürlich ist es unser Anliegen, konservativem Denken im akademischen, kulturellen und politischen Leben wieder zu mehr Gehör und Geltung zu verhelfen. Dazu machen wir das Ganze letztlich.

Wozu dann die Kooperation mit Leuten und Gruppen, die gar nicht konservativ sind?

Fenske: Unserem Stifter Caspar von Schrenck-Notzing war es stets ein Anliegen, daß seine Bücher, die ja den Grundstock unserer Bibliothek bilden, nicht irgendwo verstauben, sondern gelesen und diskutiert werden, sprich: Wirksamkeit entfalten. Das gleiche gilt auch für die Veranstaltungen, Buchvorstel-lungen und Seminare, die wir durchführen. Bei all dem kann es nicht darum gehen, die Bibliothek als Tempel der reinen konservativen Lehre in Szene zu setzen – die es im übrigen auch gar nicht gibt, denn der Konservatismus selbst ist ja ein ganzer Kosmos zum Teil recht heterogener Vorstellungen. Vielmehr muß es darum gehen, konservative Positionen ins Gespräch zu bringen, natürlich mit Leuten, die nicht oder nicht durchgängig konservativ argumentieren. Die Bibliothek ist der Ort, an dem der Liberale lernen kann, daß es sinnvoll ist, wenn die von ihm zu Recht eingeforderten bürgerlichen Freiheitsrechte für konservative Werte und Tugenden in Anspruch genommen werden. Oder wo der Christ erfährt, daß die Wertvorstellungen seines Glaubens nicht grün oder links, sondern genuin konservativ sind.

Wenn Sie fünf Jahre weiterdenken: Wo sehen Sie die Bibliothek dann?

Fenske: Wir haben auf allen Arbeitsfeldern große Aufgaben vor uns: Der Bestand an konservativen Büchern und Zeitschriften muß immer weiter verfeinert, die Archive weiter ausgebaut werden. Gleichzeitig müssen wir das, was in unserem Haus geschieht, verstärkt nach außen tragen, ins Gespräch bringen. Der demnächst erscheinende erste Band unserer neuen Schriftenreihe Erträge ist dazu ein erster Schritt. Daneben gehen unsere langfristigen Planungen in die Richtung einer konservativen Denkfabrik mit verschiedenen Veranstaltungsformaten, vielleicht sogar hin zu einer Akademie oder einem hochschulähnlichen Zweig. Das wird die Zeit weisen. Und vor allem hängt es davon ab, ob uns unsere Förderer auch in Zukunft die Treue halten. Aber daran habe ich eigentlich keinen Zweifel.

 

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