© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  42/14 / 10. Oktober 2014

Heinrich von Hannover. Statt Jet-Set macht der konservative Welfe schöne Bücher.
Hüter des Hauses
Christian Vollradt

Das soll ein Prinz sein?“ fragt ungläubig das kleine Mädchen, dessen Vater sich eben auf der Straße mit einem Mann in Jeans und Pullover auf einem alten Rennrad unterhalten hat. Ohne, wie die junge Dame feststellen mußte, in schimmernder Wehr auf hohem Roß zu sitzen. Und doch ist dieser Heinrich von Hannover ein echter Prinz; 1961 als jüngstes und sechstes Kind des Welfen Ernst August (IV.) und seiner Frau Ortrud (von Schleswig-Holstein) geboren, Enkel der Tochter des deutschen Kaisers Victoria Luise von Braunschweig.

Diese Herkunft äußert sich nicht in Standesdünkel, sondern in reger verlegerischer Tätigkeit. Denn Hannover gründete 2000 in Göttingen den MatrixMedia Verlag, der neben allerlei historischen Romanen sowie regionalgeschichtlichen Titeln vor allem Werke zur Geschichte der Welfen herausgibt. Daß er damit die Vergangenheit der Familie zum Beruf gemacht hat, ist allerdings nicht dem Drang nach Selbstbeweihräucherung geschuldet, sondern entspringt auch einer gewissen – man möchte sagen konservativen – Verpflichtung: einen Beitrag zur Identität des Landes zu leisten, das schließlich über Generationen von den Welfen regiert und geprägt wurde.

Während andere Adelssprößlinge sich dem Jet-Set ergeben, kommt Heinrich von Hannover dieser Selbstverpflichtung auch in der Öffentlichkeit nach. Sei es, daß er an wichtigen repräsentativen Ereignissen teilnimmt, sei es, daß er in verschiedenen Fernsehdokumentationen auftritt. Damit schließt der Familienvater, der Sport, Psychologie und Publizistik studiert hat, eine Lücke, die sein ältester Bruder Ernst August (V.) gerissen hatte. Der zeitweilig als „Prügelprinz“ berüchtigte Chef des Hauses meidet bis heute entsprechende Auftritte, sorgt stattdessen für Schlagzeilen auf dem Boulevard.

Streit bleibt dabei nicht aus. So warf ihm der Jüngere 2005 coram publico den „Ausverkauf“ braunschweigischer Geschichte vor, weil Ernst August Kunstschätze der Familie versteigern ließ. In die bunten Blätter geriet Heinrich dagegen nur unfreiwillig, dank seiner ehemaligen Partnerin, der Actrice Desirée Nick.

Im diese Woche auf der Buchmesse präsentierten Programm von MatrixMedia (Halle 3.1, Stand A 120) dominiert das 300jährige Jubiläum der Londoner Thronbesteigung des Welfenfürsten Georg in Großbritannien 1714. Etwa mit einer Biographie dieses Stammvaters des heutigen englischen Königshauses, oder mit einer kunsthistorischen Arbeit über Macht- und Herrschaftszeichen der Welfen.

Daß der Prinz der Herausforderung seiner Zeit intellektuell gewachsen ist, zeigte er jüngst in der ARD: Familiäre Verstrickungen im Dritten Reich wußte er zurechtzurücken – ohne zu beschönigen, aber auch ohne der Tribunalisierung stattzugeben. „Nec aspera terrent“, lautet schließlich das Motto der Welfen: Auch Widrigkeiten fürchten sie nicht!

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