© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  41/14 / 03. Oktober 2014

EU will Steuerschlupflöcher der Großkonzerne schließen
Regulierungswut
Thomas Kirchner

Selbst die Europäische Kommission glaubt, sich an der Jagd auf steueroptimierende Großkonzerne beteiligen zu müssen. Vor lauter Aufregung wird vergessen, daß nicht Unternehmen das Problem sind, sondern ein kompliziertes Steuersystem mit zahlreichen Ausnahmen und Sonderregeln, die internationale Steueroptimierung überhaupt erst ermöglichen.

Dazu kommen unterschiedliche Philosophien der Besteuerung: US-Amerikaner besteuern in erster Linie am Ort des Handelsregistereintrages, Europäer am Sitz des Managements. So zumindest die Theorie. Sowohl Amerikaner als auch Europäer versuchen, die sich daraus ergebenden Lücken durch Erfassung der wirtschaftlichen Substanz mit Vorschriften, Sonderregeln und Einzelfallgerechtigkeit auszugleichen. Das Resultat dieser Regulierungswut ist das globale Steuerchaos, in dem wir uns heute befinden.

Auch jenseits des Atlantiks sind Politiker in Aufruhr. US-Unternehmen begehen wegen der nach Griechenland höchsten Steuersätze der westlichen Welt zunehmend „Republikflucht“, indem sie mit der EU-Konkurrenz fusionieren und sich zu britischen oder irischen Unternehmen wandeln. Die Drohung des Kongresses, eine Mauer aus noch mehr Steuergesetzen zu bauen, dürfte aber scheitern, weil sie alle transnationalen Unternehmen treffen würde.

Warum brauchen wir dann überhaupt so hohe Steuersätze, wenn Konzerne – wie linke Kritiker gerne behaupten – ohnehin keine Steuern zahlen. Niedrigere Tarife würden die Anreize absenken, Steuergestaltungsmöglichkeiten zu nutzen. Die Funktionäre der Europäischen Kommission werden jedenfalls die Steuersysteme nicht wirklich vereinfachen wollen. Denn als EU-Beamte kommen sie in den Genuß der ultimativen Steueroptimierung, der kompletten Steuerbefreiung ihrer Einkünfte.

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