© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  41/14 / 03. Oktober 2014

Haltungsnote
Senk ju vor gute Berichterstattung
Christian Rudolf

Der Geschäftsführer und Chefredakteur des Nordkurier, Lutz Schumacher, ist über das Verbreitungsgebiet seiner Regionalzeitung hinaus bekannt: Seine Bahnfahr-Satire „Senk ju vor träwelling“ wurde zum Bestseller. In das frühere SED-Blatt brachte der Medienprofi eine Philosophie, die heute selten geworden ist: den Leser zu informieren, nicht für dumm zu verkaufen.

Kürzlich zum Beispiel berichtete die Lokalredaktion ohne Beschönigung über Kriminalität in einem Asylantenheim im vorpommerschen Torgelow: Wer, was, wo, wann, warum – unter der Überschrift „Asylbewerber geraten in Streit“. Das linke „Bündnis Vorpommern: weltoffen, demokratisch, bunt!“ kritisierte soviel journalistische Sorgfalt und schlug alternativ vor: „Wegen eines Mädchens sind zwei Männer in einem Wohnblock in Streit geraten.“ Der Nordkurier widersprach deutlich: „Eine solche Art von Nicht-Berichterstattung sehen wir nicht als unsere Aufgabe an.“ Die Leser wollten präzise recherchierte und wahrhaftig geschriebene Informationen. „Dafür bezahlen sie uns.“ Und „öffentliche Debatten“ seien allemal besser „als faktenfreies Geraune“. Was sollten die Menschen auch denken, „wenn öfter Polizeiautos vorm Asylbewerberheim halten und nichts davon in der Zeitung steht?“

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