© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  39/14 / 19. September 2014

CD-Kritik: Åselinde Wiland, Ensemble Sorpresa
Nordlichterndes
Jens Knorr

Es ist nicht der grüne Horizont, der im Osten schwach dämmert, sondern das „überwinterte Licht“, „det overvintra lyset“, das nach der langen, langen Winternacht die Rückkehr der Sonne ankündigt. Fünf Gedichte des norwegischen Dichters Paal-Helge Haugen hat Felix Treiber, Jahrgang 1960, für Sopran und Kammerensemble vertont. Der Liedzyklus, angewärmt von verirrten Mondstrahlen des „Pierrot Lunaire“, bündelt alles, was wir über die unverbrüchliche Einheit von nordischer Landschaft und Seele, von Winter- und Seelendunkel zu wissen glauben. Åselinde Wiland singt engagiert, doch fehlt ihrem lyrischen Koloratursopran Körper und ihrem Singen Farbe.

In Treibers „Notturno Boreale“ für Hardangerfiedel und Violoncello künden Tremoli von zitterndem Geheimnis, erregte Passagen von Geworfensein und heben uns höhere Lagen zu höhern Sphären. Der Gebrauch der Hardangerfiedel als Konzertinstrument scheint mit ihrer Domestizierung erkauft. Artig fügt sie sich den gefälligen Arrangements von Liedern Edvard Griegs und norwegischen Volksweisen ein, die Treiber und Wiland für Kammerensemble erstellt haben und in denen sich Åselinde Wiland hörbar heimisch fühlt.

Die CD dürfte kaum Hörschwierigkeiten bereiten – Schwierigkeiten mit der Art und Weise, sich einen Volkston einzuverleiben, schon.

Åselinde Wiland / Ensemble Sorpresa Das überwinterte Licht Antes Edition, 2014 www.bella-musica-edition.de

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