© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  38/14 / 12. September 2014

JF und AfD
In eigener Sache
Dieter Stein

Schreiben wir in der JUNGEN FREIHEIT zuviel über die junge Partei Alternative für Deutschland (AfD)? Es gibt Leser, die uns dafür kritisieren. Einzelne werfen uns vor, wir seien „fast schon eine Parteizeitung“. Das ist selbstverständlich nicht unsere Absicht. Woher aber dann das besondere Interesse? Wenn wir 20 Jahre Wochenzeitung JF Revue passieren lassen, dann hat die Frage einer Erweiterung oder Ergänzung des deutschen Parteienspektrums eine konstante und zentrale Rolle in unserer Berichterstattung gespielt. Die JF hätte es übrigens nicht gegeben, hätten ihre Gründer nicht selbst bittere Erfahrungen gesammelt mit dem Versuch, eine konservative, rechtsdemokratische Alternative zu Union und FDP zu befördern.

Wir erlebten das Scheitern der Republikaner, Gründung und Untergang des nationalliberalen Bundes Freier Bürger in den neunziger Jahren. Den kometenhaften Aufstieg und die Bruchlandung der Schill-Partei. Daneben verfolgten wir immer die Bemühungen, den konservativen Flügel der Union zu stärken oder die erfolglosen Unternehmungen, der FDP ein rechtsliberales Profil zu geben: ob unter Alexander von Stahl in Berlin Mitte der neunziger Jahre oder jüngst unter dem Euro-Kritiker Frank Schäffler.

Zweifellos ist die bisherige Entwicklung der AfD für die Parteiengeschichte der Bundesrepublik ohne Beispiel. Seit dem Verschwinden der Deutschen Partei, die von der CDU in den sechziger Jahren aufgesaugt worden war, ist sie die erste ernsthafte konservative Herausforderung für sie und die CSU, die an die Substanz gehen könnte. Insofern ist es für die künftige Ausrichtung der Republik von enormer Bedeutung, ob sich die Arithmetik durch die AfD verschiebt: Die Union verliert ihr Monopol auf Vertretung der bürgerlichen Mitte, die FDP geht als linksliberaler Faktor unter, und es eröffnen sich so Spielräume für rechtsliberale, konservative Politikinhalte.

Die Aufgabe der JF ist es, diese sich gerade vollziehenden Veränderungen publizistisch zu beobachten und ein kritisches Forum zu bieten. In dieser Ausgabe haken wir deshalb beim Streit um die Ausrichtung der AfD in der Rußlandpolitik nach und haben zwei „Antipoden“ in dieser Frage gestellt. Parteisprecher Bernd Lucke und der brandenburgische AfD-Spitzenkandidat Alexander Gauland diskutieren (siehe Seite 7), welchen Weg die Partei in dieser Frage einschlagen soll.

Das Gespräch zeigt anschaulich, daß eine erstaunliche Meinungsvielfalt in dieser jungen Partei gelebt wird und gleichzeitig die Beteiligten um einen zivilisierten Ton im Streit bemüht sind. Das läßt hoffen. Die konservative Intellektuellenszene ist dafür nicht berühmt. Zu oft sind Projekte wegen Eifersüchteleien, Sektierertum und realitätsfremden Ideen gescheitert. Auch im Fall der AfD wird sich zeigen, daß Politik das Bohren dicker Bretter bedeutet.

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