© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  37/14 / 05. September 2014

Ethnischer Diskurs in Israel und USA: Genetische Struktur des jüdischen Volkes
Blutlogik und Identitätskonzepte
(wm)

Von deutschen Historikern und Sozialwissenschaftlern weitgehend ignoriert, streiten ihre Kollegen in den USA und Israel seit zwanzig Jahren intensiv über die „genetische Struktur des jüdischen Volkes“. Zuletzt belebte sich die Debatte 2010, als israelische Genetiker nachwiesen, daß der Ursprung eines Großteils der jüdischen Diasporagemeinden im Nahen Osten liege. Diese Arbeiten inspirierten eine Reihe von Forschungsprojekten, die überprüfen wollen, ob die heute lebenden Juden tatsächlich Nachfahren der alten Hebräer sind. Ungeachtet heftiger Kritik, die derart „essentialistische Konzepte“ seitens linksliberaler anglojüdischer Politologen wie Judith Butler und Sander Gilman erfahren, sei die zur „zionistischen Ideologie“ gehörende Vorstellung, Juden seien nicht allein durch kulturelle Gemeinsamkeiten verbunden, „innerhalb und außerhalb jüdischer Gemeinden noch immer stark vertreten“, wie Yulia Egorova in ihrem Abriß zur Kontroverse über die „Blutlogik in modernen jüdischen Identitätsnarrativen“ bilanziert (Münchner Beiträge zur jüdischen Geschichte und Kultur, 1/2014). Am Beispiel von kleinen jüdischen Gemeinden in Indien, die aufgrund von DNA-Tests hoffen, ihre Einwanderungschancen für Israel zu erhöhen, glaubt Egorova belegen zu können, wie weit die „Biologisierung der jüdischen Kultur und der historischen Narrative“ bereits vorangeschritten sei.

www.jgk.geschichte.uni-muenchen.de

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