© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  37/14 / 05. September 2014

Der Weg des Geldes
Kinder: Eine Studie des Familienministeriums untersucht, wie wirksam staatliche Förderprogramme sind
Christian Schreiber

Es ist eine Mammutstudie. Vier Jahre lang haben 70 Forscher aus verschiedenen Fachrichtungen an der „Gesamt-evaluation ehe- und familienbezogener Leistungen in Deutschland“ gearbeitet. Herausgekommen ist ein Bericht, der mehr als 400 Seiten umfaßt und in der vergangenen Woche von Familienministerin Manuela Schwesig (SPD) präsentiert wurde. In Auftrag gegeben hatte die Studie noch Amtsvorgängerin Kristina Schröder (CDU).

Derzeit gibt es rund 150 Einzelmaßnahmen, mit denen die Politik die Familien in Deutschland fördert. Für Kindergeld, staatlich geförderte Kinderbetreuung, Steuervorteile und direkte Geldleistungen gibt die Bundesrepublik jährlich rund 153 Milliarden Euro aus. Die Erwerbstätigkeit beider Elternteile sei dabei der beste Schutz vor Armutsrisiken. Eine gleichmäßige Aufteilung der Familien- und der Erwerbsarbeit zwischen den Partnern fördere die kurz- und langfristige wirtschaftliche Stabilität der Familie.

Am Ehegattensplitting  hält Schwesig fest

Dabei habe in den vergangenen Jahren ein Wechsel der Perspektive stattgefunden: „Die traditionelle Familienpolitik hat sich in erster Linie als soziale Ausgleichspolitik verstanden und sich fast ausschließlich mit finanziellen Transfers auf die Kompensation finanzieller Lasten von Familien konzentriert“, heißt es. Nachhaltige Familienpolitik sei dagegen mittlerweile darauf ausgerichtet, Familien zu unterstützen, die Vereinbarkeit von Familie und Beruf zu fördern und dabei zu helfen, daß Lebensentwürfe mit Kindern realisiert werden können.

Die Wissenschaftler kommen zu der Erkenntnis, daß nicht alle dieser Maßnahmen die gleiche Wirkung entfalten. Manche würden sich gar gegenseitig aufheben. „Das Ehegattensplitting etwa fördert zwar kurzfristig das Familieneinkommen. Auf Dauer senkt der Steuervorteil für Einverdiener-Ehen aber die wirtschaftliche Stabilität von Familien, da meist die Ehefrauen langfristig auf volle Berufstätigkeit und Einkommen verzichten“, schreiben die Autoren. Aber gerade da möchte die Bundesregierung nicht ansetzen. Familienministerin Schwesig erklärte zwar, daß das Ehegattensplitting an 3,4 Millionen Familien vorbeigehe, weil die Eltern nicht verheiratet oder alleinerziehend seien. Allerdings sagte sie auch, daß in der Regierung derzeit niemand daran denke, daß Ehegattensplitting abzuschaffen und ein Familiensplitting einzuführen.

Interessant ist die Erkenntnis, daß das Wohlergehen von Kindern nur indirekt durch staatliche Maßnahmen beeinflußt werden könne: „Die Familienkonstellation – ob alleinerziehend oder Paarfamilie oder ein Migrationshintergrund haben nur in wenigen Altersgruppen geringe Effekte auf das Wohlergehen von Kindern.“ Auch die Tatsache, daß die Bundesrepublik im europäischen Vergleich ein geburtenschwaches Land ist, sieht die Ministerin nicht als Beleg für eine verfehlte Familienpolitik. Ohne die ganzen Maßnahmen würden die Frauen in Deutschland noch weniger Kinder bekommen, heißt es in der Studie. Die ehe- und familienbezogenen Leistungen könnten die passenden Rahmenbedingungen für die Erfüllung von Kinderwünschen schaffen und Symbolwirkung entfalten. Von Bedeutung seien dabei die Vereinbarkeit von Familie und Beruf und die finanzielle Absicherung der Familie durch eine verläßliche Unterstützung: „Leistungen, die die Vereinbarkeit von Familie und Beruf fördern, wirken sich positiv auf die Erfüllung von Kinderwünschen aus.“ Dies seien vor allem die Subventionierung der Kinderbetreuung und in geringerem Maße die steuerliche Absetzbarkeit der Kinderbetreuung.

Die Studie kommt zu dem Fazit, daß in kaum einem Land der Europäischen Union soviel Geld für Familienpolitik ausgegeben werde wie in der Bundesrepublik. Ministerin Schwesig heimste dieses Lob gerne ein. „Es wird sie nicht überraschen, mir gefallen die Ergebnisse sehr gut. Sie unterstützen meinen Ansatz“, sagte sie bei der Vorstellung der Untersuchung in Berlin.

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