© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  35/14 / 22. August 2014

Name der Rose im Spreewald
Christlich-heidnische Mystik im Mittelalterroman
Bernhard Knapstein

Ein Wolf, der nicht von dieser Welt zu sein scheint, löst im brandenburgischen Mittenwalde des Jahres 1252 mit seinem seltsamen und unnatürlichen Grollen rätselhafte Ereignisse aus: Ein im Wahn brutal ausgeführter Mord, Runen-Symbole eines des Schreibens Unkundigen an einer Kerkerwand und jener mysteriöse Schrei des Wolfes, den Radulf, ein Dominikaner-Magister aus der Schule des großen Kölner Gelehrten Albertus Magnus, stets zu hören scheint, kurz bevor ein Unheil losbricht.

Radulf wird von Albertus Magnus ausgesandt, um im fernen Mittenwalde den Mordfall zu untersuchen, bei dem der Teufel selbst seine Hand im Spiel haben könnte. Doch hat er das, und ist ein Exorzismus das richtige Mittel, oder sind noch andere Kräfte im Spiel? Der Magister gerät bei seinen Untersuchungen zwischen die Fronten der machthungrigen Wettiner, geldgierigen Bischöfe und Äbte, der aufstrebenden Askanier-Markgrafen von Brandenburg, von Räubern und der noch immer dem alten Glauben und tradierten Riten anhängenden Wenden und Sorben.

Auch wenn Radulf der ruhende Pol in der Geschichte ist, gerät bei ihm einiges ins Wanken. Die Bestie von Mittenwalde, aber auch die schöne Wendin Gordana wecken bisher Verborgenes in ihm, der zunehmend zwischen Lust, Vernunft und Wahn, zwischen Diesseits und Jenseits zu pendeln scheint und dessen fester Glaube an das christliche Weltbild in Schieflage gerät. Die Realität um Radulf herum verschwimmt immer mehr mit einer Traumwelt, in der auch die germanischen Götter und sein lang verstorbener Vater von der Festtafel der Krieger zu Walhall ihren Platz einzufordern scheinen, bis zuletzt der erhabene Einäugige selbst sein Methorn gegen ihn erhebt.

Ralf Küttelwesch, der Herausgeber der dreibändigen Anthologie „Der konservative Rausch“, hat mit „Die Bestie von Mittenwalde“ seinen ersten Roman vorgelegt. Freunde des Mittelalter-Krimis und des Mysterythrillers dürften ihre Freude haben. Das gilt vor allem auch deshalb, weil in dieser Sparte nur selten die fortdauernden heidnischen Kulturrelikte der missionierten Gesellschaft gegen Ende der Christianisierung zur Sprache kommen.

Ralf Küttelwesch: Die Bestie von Mittenwalde. Factum Coloniae, Mittenwalde 2014, gebunden, 360 Seiten, 14,95 Euro

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