© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  35/14 / 22. August 2014

Lehren aus dem Ersten Weltkrieg: Nationalstaat gegen multiethnische Gebilde
Triumph eines Ordnungsmodells
(kr)

Nicht deutsches Streben nach der Weltmacht, wie Fritz Fischer (1908–1999) den Nachgeborenen weismachen wollte, habe im August 1914 den Ersten Weltkrieg ausgelöst. Ebenso falsch sei, wie der Berliner Politikwissenschaftler Herfried Münkler kritisiert, Fischers These von der „Kontinuität deutscher Politik“ (Blätter für deutsche und internationale Politik, 7/2014). Sie reduzierte 1914 auf die „Vorgeschichte“ von 1939 und verdunkelte das Verständnis der „Urkatastrophe des 20. Jahrhunderts“ (George F. Kennan). Denn diese Deutung verschob die politischen Probleme der Vorgeschichte des Krieges auf die Ebene der Moral, so daß die heute anhebende Neubeschäftigung das „politische Feld“ erst wieder öffnen müsse. Nur dann lasse sich aus dem Studium der internationalen Politik bis zum Ersten Weltkrieg lernen, was für die Herausforderungen des 21. Jahrhunderts „von einiger Relevanz“ sei. Neben dem „Kampf um die europäische Hegemonie“ und dem „Ringen um die neue Weltordnung“ gilt Münklers Interesse dem dritten „Konfliktfeld“, dem Gegensatz von Nationalstaat und multiethnisch-multireligiösen Gebilden wie dem 1917/18 zerstörten k.u.k. Vielvölkerstaat, dem russischen Zaren- und dem Osmanischen Reich. Der Weltkrieg lehre insoweit die Überlegenheit des „Ordnungsmodells Nationalstaat“.

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