© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  35/14 / 22. August 2014

Thalers Streifzüge
Thorsten Thaler

In meinem Familien-, Freundes-, Bekannten- und Kollegenkreis tragen alle Kinder schöne „ordentliche“ Vornamen. Niemand heißt „Milka“ oder „Fanta“, „Tarzan“, „Winnetou“ oder „Pumuckl“, auch nicht „Sheriff“, weder „Imperial-Purity“ noch „Jaygina-Eilyn“. Und niemand in meinem Umfeld hat seine Kinder „Don Hugo“ oder „Mo Vito“ genannt, wie Franziska van Almsick. Die ehemalige Vorzeige-Schwimmerin folgte damit einem insbesondere unter Prominenten seit längerem verbreiteten Trend, ihren Kindern möglichst ausgefallene Namen zu verpassen. Und weil das offenbar auf viele nichtprominente Mütter und Väter beispielgebend wirkt, müssen sich deutsche Gerichte immer wieder einmal mit der von Eltern gewünschten Namensgebung für ihre Kinder befassen.

Das Hanseatische Oberlandesgericht in Bremen hat kürzlich entschieden (Az. 1 W 19/14), daß Eltern ihr Kind mit drittem Vornamen nicht „Waldmeister“ nennen dürfen. Damit bestätigten die Richter die ablehnende Entscheidung des Standesbeamten, den Namen zu beurkunden. Er berief sich auf ein von ihm eingeholtes Gutachten der Universität Leipzig, wonach das Wort „Waldmeister“ als Vorname nicht nachgewiesen werden könne. Das Oberlandesgericht stellte in seinem Urteil fest, daß den Eltern zwar die Sorge für ihr Kind obliege. Dazu gehöre auch das Recht, dem Kind einen Vornamen zu geben. Diesem Recht seien aber Grenzen gesetzt. Es könne kein Vorname gewählt werden, der die naheliegende Gefahr begründe, daß er „Befremden oder Anstoß erregen“, den Namensträger der Lächerlichkeit preisgeben oder ihn in der Entfaltung seiner Persönlichkeit beeinträchtigen werde. So verhalte es sich bei dem Vornamen „Waldmeister“.

In Streitfällen wird häufig das Namenkundliche Zentrum der Universität Leipzig eingeschaltet. Namenforschung oder Onomastik hat dort eine bis zum Anfang des 20. Jahrhunderts zurückreichende Tradition; seit den 1960er Jahren gibt es die Namenberatungsstelle (www.namenberatung.eu). Sie bietet wissenschaftliche Namenanalysen an. Ein Kurzgutachten für die Eintragungsfähigkeit eines Vornamens zur Vorlage beim Standesamt, Gericht oder einer anderen Behörde kostet 40 Euro.

Mit meinem eigenen Vornamen bin ich zufrieden. Immerhin leitet der sich von dem nordischen, hammerschwingenden Donnergott Thor her, dem Sohn Odins und wagemutigen Kämpfer gegen die Riesen. Ähnlichkeiten sind rein zufällig.

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