© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  35/14 / 22. August 2014

Zeitschriftenkritik: Fluter
Reisen bereichert das Leben
Werner Olles

Sommerzeit ist Urlaubszeit. An dieser banalen Erkenntnis kommt auch die Bundeszentrale für politische Bildung nicht vorbei und behandelt daher in der aktuellen Ausgabe (Sommer 2014/Nr. 51) des viermal jährlich erscheinenden Magazins Fluter unter dem Motto „Wo geht’s hin?“ als Schwerpunkt das Thema „Reisen“. Chefredakteur Thorsten Schilling weist in seinem Editorial vorsorglich darauf hin, daß „Reisen als massenhafte Praxis inzwischen ein Eigenleben führt“. Die älteren Kulturtechniken – Erforschung und Eroberung ferner Welten oder Reisen als religiöse und weltliche Bildungserfahrung – seien heute nur noch zu ahnen, obwohl sie in dem durch Globalisierung und Wohlstand geprägten Alltagsgeschehen von vielen Millionen Reisenden immer noch einen gewissen Reiz darstellen. Doch habe sich der Tourismus zu einer „industrialisierten Form der Weltanschauung“ entwickelt. Während er einerseits zu einem „Teil des ökologischen Problems der Menschheit, die in exzessiver Weise endliche Naturgüter verbraucht“, geworden sei, werde das Leben durch Reisen reichhaltiger, da wir Anregungen, Sehnsüchte und Erfahrungen gewinnen können. Als „vermarktete Kulturtechnik“ sind dem Reisen daher „die Spannungen und unaufgelösten Widersprüche dieser Gesellschaftsform eingeschrieben“. Zwar werde in Zeiten des weltweiten Terrorismus, gesellschaftlicher Unruhen und aufflammender Bürgerkriege auch der Tourismus in diese Konflikte hineingezogen, doch sei die Reisefreiheit – obwohl längst nicht für alle Menschen erlebbare Wirklichkeit –, zu Recht in den Kanon der Menschenrechte aufgenommen.

Welche Abgrenzungen auf kleinstem Raum möglich sind, zeigt bereits das Titelbild des Fluter mit dem Strand von Tel Aviv, an dem es – je nach Lage, Herkunft und Gesinnung – sehr unterschiedliche Gruppen von Badegästen gibt. So baden Araber gerne im Süden der Stadt, während der Abschnitt für die Hippies weiter nördlich liegt. Homosexuelle und orthodoxe Juden sind gar durch einen Zaun getrennt, während vorne ein bewaffneter Soldat patrouilliert. Ganz andere Probleme bietet dagegen der Mount Everest, der zum Ausflugsziel für Tausende Menschen geworden ist, wobei vor allem die einheimischen Sherpas, die die Ausrüstung der Touristen tragen und die Aufstiegspfade vorbereiten, ihr Leben riskieren. Oft herrscht vor dem Gipfel soviel Andrang, daß ein Stau entsteht und die sehr dünne Luft in der extremen Höhenlage von 8.848 Metern über dem Meeresspiegel auch vielen Touristen zum Verhängnis wird. Bei einem der bislang schlimmsten Unglücke am Mount Everest starben am 18. April dieses Jahres allein 16 Sherpas unter einer Lawine, als sie die Strecke zwischen dem Basislager und dem ersten Zwischenstopp weiter oben passierbar machen wollten.

Wie der Tourismus entstand, schildert der Beitrag „Aufbruchstimmung“, denn vor hundert Jahren waren Ferien für die meisten Menschen ein Fremdwort, während 2013 über eine Milliarde Touristen in ein anderes Land reisten.

Kontakt: Bundeszentrale für politische Bildung, Adenauerallee 86, 53113 Bonn, Telefon: 0228 / 9 95 15-0. Der Bezug ist kostenlos. www.fluter.de

Versenden
  Ausdrucken Probeabo bestellen