© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  35/14 / 22. August 2014

Zwischen Reichstag und Kanzleramt
Hellmut der Letzte
Marcus Schmidt

Hellmut Königshaus ist schon jetzt ein Fall für die Geschichtsbücher. Seit genau zehn Jahren sitzt der FDP-Politiker nun im Bundestag – und gehört dem Parlament doch nicht mehr an. Und obwohl seine Partei, die FDP, seit Oktober vergangenen Jahres nicht mehr im Deutschen Bundestag vertreten ist und die ehemaligen Bundestagsabgeordneten der Liberalen längst ihre Büros räumen mußten, geht Königshaus im Reichstag immer noch ein und aus.

Denn seit Mai 2010 ist der 64 Jahre alte Politiker Wehrbeauftragter des Bundestages. Er ist damit Bindeglied zwischen dem Parlament und den Soldaten der Bundeswehr. Jeder, vom Rekruten bis zum General hat das Recht, sich mit Sorgen, Nöten und Beschwerden direkt an den Wehrbeauftragten zu wenden, „ohne Einhaltung des Dienstweges“. Mit seinem Mitarbeiterstab kümmert er sich dann persönlich um die Anliegen der Bundeswehrangehörigen. Einmal im Jahr werden die Beschwerden der Soldaten anonymisiert im Bericht des Wehrbeauftragten zusammengefaßt und veröffentlicht. Der Bericht gilt seit Jahren als ungeschönter Zustandsbericht über die Stimmung in der Truppe. Auch nach dem Ende der Wehrpflicht genießt der „Anwalt der Soldaten“ bei den unteren Dienstgraden ein hohes Ansehen. Aber auch Generäle haben sich schon an den Wehrbeauftragten gewandt. In Zeiten von Auslandseinsätzen und Bundeswehrreform wächst die Zahl der Eingaben, obwohl die Armee schrumpft. Dabei geht es meist weniger um Grundrechtsverletzungen als um Versetzungen und Beförderungsstau. Allein der im Januar veröffentlichte 55. Bericht des Wehrbeauftragten listet 4.843 Eingaben von Bundeswehrangehörigen auf, die von Königshaus und seinen Mitarbeitern 2013 bearbeitet wurden.

Anders als mancher seiner Vorgänger kennt Königshaus die Bundeswehr aus eigener Anschauung als Soldat. Anfang der siebziger Jahre leistete er beim Aufklärungsgeschwader 51 „Immelmann“ seinen Wehrdienst und schlug schließlich die Laufbahn des Reserveoffiziers ein. Er brachte es neben seinem Jurastudium bis zum Oberleutnant der Reserve. Später war er dann als Richter tätig.

Als Nachrücker für den am 19. August 2004 verstorbenen früheren Bundeswirtschaftsminister Günter Rexrodt rückte Königshaus in das Parlament nach. Bei der Bundestagswahl 2009 zog er dann über die Berliner Landesliste direkt in den Bundestag ein. Damals konnte er natürlich nicht ahnen, daß er einmal der letzte FDP-Politiker an der Spree sein würde. Neben ihm erinnert nur noch die kleine Gruppe von „Liquidatoren“, die seit Monaten die Überreste von 64 Jahren Parlamentsgeschichte der Liberalen abwickeln, an die einstige FDP-Bundestagsfraktion. Doch die Arbeit der Nachlaßverwalter neigt sich bald ein Jahr nach der Wahlniederlage dem Ende entgegen.

Im Frühjahr 2015 ist auch für Hellmut Königshaus Schluß im Reichstag. Dann endet die Amtszeit als Wehrbeauftragter und der vorerst letzte FDP-Politiker muß sein Bundestagsbüro räumen.

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