© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  35/14 / 22. August 2014

Alex Salmond will am 18. September Schottland in die Unabhängigkeit führen
Los von London
Robert Grözinger

In London ist man beunruhigt: Bei der Wahl zum schottischen Parlament hatte die Scottish National Party (SNP) unter Führung des Alexander Salmond 2011 erstmals die absolute Mehrheit in der 1999 gegründeten Kammer errungen. Wird es dem charismatischen Verfechter schottischer Unabhängigkeit gelingen, die dreihundert Jahre alte Union seiner Nation mit England zu beenden?

Fast sein ganzes politisches Leben hat der 1954 im schottischen West Lothian Geborene auf dieses Ziel hingearbeitet. Obwohl kurzzeitig Anhänger der Labour-Partei, trat er 1973 während seines Studiums der Volkswirtschaft und mittelalterlichen Geschichte an der St. Andrews Universität in Fife der SNP bei.

Nach seinem Abschluß 1978 arbeitete er zunächst für die schottische Abteilung des Landwirtschaftsministeriums. Zwei Jahre später wechselte er zur Royal Bank of Scotland. In der Zwischenzeit hatte er sich einer kleinen Gruppe Linker in der SNP angeschlossen, die sich „79 Group“ nannte. Weil sich die 79er für eine Kontaktaufnahme mit der damals wegen Nähe zum Terrorismus noch verbotenen nordirischen Partei Sinn Fein stark machte, wurden ihre Mitglieder 1982 aus der Partei ausgeschlossen. Auch der inzwischen verheiratete Salmond, obwohl er gegen diesen Vorschlag gestimmt hatte. Nach einem Monat nahm die SNP die Gruppe aber wieder auf.

Salmonds politische Karriere begann 1987 mit seiner Wahl ins Unterhaus. Noch im selben Jahr wurde er stellvertretender Vorsitzender seiner Partei. 1990 erlangte er den Vorsitz, den er im Jahr 2000 nach Streitigkeiten mit mehreren Parteifreunden vorübergehend aufgab. Ein Jahr zuvor hatte die erwähnte erste Wahl zum neuen schottischen Parlament stattgefunden. Hier errang die SNP 27 Prozent und 35 Sitze, einen davon für Salmond. Nachdem die SNP bei der folgenden Wahl Stimmen und Sitze verloren hatte, bekam Salmond seine zweite Chance als Vorsitzender. Bei der dritten Wahl, im Jahr 2007, konnte er nicht nur Stimmengewinne erzielen, sondern wurde „First Minister“, also Ministerpräsident, der ersten SNP-Minderheitsregierung. Vier Jahre später kam die absolute Mehrheit, und er brauchte die ihn bis dahin tolerierenden Grünen nicht mehr.

In seinem Schottland werden Wirtschaft, erneuerbare Energien, Gesundheitswesen und Bildung stärker staatlich gefördert als in England unter Labour. Glaubt man den Umfragen, ist es Salmond trotz seines Charismas jedoch noch nicht gelungen, die Bürger im Norden Großbritanniens mehrheitlich davon zu überzeugen, daß sich diese sozialdemokratische Politik auch nach einer Unabhängigkeit finanzieren läßt. Bei der Volksabstimmung über Schottlands Unabhängikeit am 18. September droht ihm daher die größte Niederlage seines Lebens.

Versenden
  Ausdrucken Probeabo bestellen