© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  31-32/14 / 25. Juli 2014

Liberaler Krisenprophet
Wirtschaftsliteratur: Ein neues Buch führt in die Denkwelt des Geldtheoretikers, Sozialismus- und Bürokratiekritikers Ludwig von Mises ein
Christoph Braunschweig

Wer vier Mainstream-Ökonomen nach den Ursachen der Schulden- und Finanzkrise fragt, hört fünf verschiedene Antworten. Nur in einem Punkt sind sich alle einig: Niemand habe die Krise vorhersehen können.

Wirklich nicht? Ludwig von Mises, der Altmeister der Österreichischen Schule der Nationalökonomie, hat bereits in den 1920er Jahren gezeigt, wie eine übermäßige Geld- und Kreditexpansion Blasen aus fehlgeleiteten Investitionen erzeugt, deren Platzen die Zentralbank nur durch noch mehr Geld und Kredit verhindern kann, was wiederum immer stärkere Boom-Bust-Zyklen verursacht. Der Gang zur Notenpresse treibt die Preise für Güter und Vermögensaktiva in die Höhe. Am Ende stehen zwangsläufig Rezession und Inflation. Damit sich kein Ökonom mehr herausreden kann, hat das Ludwig von Mises Institut Deutschland ein Einführungsbändchen herausgegeben, das auf 152 Seiten Leben, Werk und Methoden nachzeichnet.

Hans-Hermann Hoppe, einer der Vordenker des Libertarismus, nähert sich dem Lebenswerk des 1881 geborenen Nachfahren eines nobilitierten jüdischen Kaufmanns essayistisch. Jörg Guido Hülsmann, der mit einer Biographie über den „letzten Ritter des Liberalismus“ brillierte, erörtert die von Mises in seiner Habilitationsschrift 1912 entwickelte Geldtheorie. Philipp Bagus skizziert in einem dritten Teil die Staats- und Interventionskritik – sinnvoll ergänzt durch Mises’ fundamentale Sozialismus- und Bürokratiekritik. Herausgeber Thorsten Polleit, Vorsitzender des deutschen Mises Instituts und im Brotberuf Chefvolkswirt der Degussa Goldhandel GmbH, widmet sich der Misesschen „Praxeologie“ – jener umstrittenen deduktiven Lehre allen menschlichen Handelns auf kantianischer Grundlage.

Von Mises hatte im „roten“ Wien als liberaler Nonkonformist keine Chance auf eine ordentliche Professur, so daß er eine außeruniversitäre Karriere bei der Handelskammer einschlug. Erst als er 1934 eine Dozentenstelle in Genf erhielt, konnte er sich ganz auf die Forschung konzentrieren. Schließlich floh der akademische Lehrer des Nobelpreisträgers Friedrich August von Hayek 1940 in die Vereinigten Staaten, wo er bis 1969 an der New Yorker Universität auf einem Stiftungslehrstuhl unterrichtete.

Polleit und seinen Mitstreitern ist eine solide Zusammenschau gelungen, die alle Einstiegshürden abräumt: der Inhalt ist klar gegliedert, der Text leicht verständlich, zumal alle Theorien biographisch und historisch eingebettet sind. Mehr kann man von einer Einstiegslektüre wahrlich nicht erwarten.

Thorsten Polleit (Hrsg.): Ludwig von Mises. Leben und Werk für Einsteiger. Finanzbuch-Verlag, München 2014, broschiert, 152 Seiten, 14,99 Euro

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