© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  29/14 / 11. Juli 2014

Der Mindestlohn geht zu Lasten der Arbeitslosen
Tiefschlag
Dirk Meyer

Der gesetzliche Mindestlohn kommt. Das „Gesetz zur Stärkung der Tarifautonomie“ schafft die Tarifautonomie faktisch ab. Angesichts von etwa 40 Tarifverträgen mit Abschlüssen unter dem neuen Mindestlohn von 8,50 Euro ist das ein Tiefschlag gegen die regional und branchenspezifisch dezentrale Selbstbestimmung der Tarifpartner. Ab 2016 tagt eine zentrale Mindestlohnkommission der Tarifpartner, die die Lohnhöhe anpassen soll. Arbeitslose sitzen nicht am Verhandlungstisch. Doch gerade sie sind erwartungsgemäß die Opfer der dirigistischen Maßnahme.

Der Mindestlohn ist weder erforderlich noch geeignet, noch angemessen. Nicht erforderlich, weil das Arbeitslosengeld II das sozial-kulturelle Existenzminimum hinreichend absichert. Umgerechnet auf 174 Monatsarbeitsstunden ergibt sich ein sozialer „Mindestlohn“ aus Regelsatz und Warmmiete von etwa 4,50 Euro für Alleinstehende bis hin zu 10,60 Euro für eine Familie mit zwei Kindern. Nicht geeignet, weil von den derzeit etwa fünf Millionen Beschäftigten mit einem Lohn unter 8,50 Euro lediglich 1,3 Millionen Aufstocker sind, die zusätzlich zum Lohn Sozialleistungen beziehen. Die Differenz von 3,7 Millionen Arbeitnehmern läßt vermuten, daß ein Großteil in Haushalten lebt, deren Einkommen keinesfalls existenzgefährdend ist.

Am Ende bluten Arbeitslose für den Vorteil der Jobhalter. Studien zu den zwölf Branchen mit einem Arbeitnehmer-Entsendegesetz belegen außer bei Gebäudereinigern negative Beschäftigungseffekte. Letztlich ist der Mindestlohn einer Marktwirtschaft unangemessen, in der der Kunde indirekt über den Kauf eines Produktes den Arbeitnehmer entlohnt. Sollte die Gesellschaft eine höhere Wertschätzung seiner Arbeit haben, so könnte sie den Lohn direkt subventionieren.

 

Prof. Dr. Dirk Meyer lehrt Ordnungsökonomik an der Helmut-Schmidt-Universität Hamburg.

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