© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  29/14 / 11. Juli 2014

Bernd Fabritius soll im Herbst die Nachfolge von BdV-Chefin Erika Steinbach antreten
Der Neue
Bernhard Knapstein

Als Bernd Fabritius zum diesjährigen Heimattag der Siebenbürger Sachsen zur Begrüßung seiner Landsleute und der Ehrengäste anhob, übertönte ein leicht bajuwarischer Dialekt den erst allmählich herauszuhörenden Rumäniendeutschen. Fabritius, geboren 1965 im siebenbürgischen Agnetheln, hat sein Abitur noch 1988 in Hermannstadt absolviert. Heute lebt der promovierte Rechtsanwalt und Bundesvorsitzende der Siebenbürger Sachsen in München.

Als er 2007 gewählt wurde, übernahm ein Modernisierer das Ruder, jemand der notwendige Reformen und die Verständigungspolitik vorantreibt. Heute gelten die deutsch-rumänischen Beziehungen als gut und die Vergangenheit als „bewältigt“. Dafür steht Hermannstadt, das 2007 als Europäische Kulturhauptstadt und als Juwel für das Deutschtum im Ausland reüssierte.

Nun soll Bernd Fabritius, der 2013 für die CSU in den Deutschen Bundestag einzog, nach dem einstimmigen Votum des Präsidiums des Bundes der Vertriebenen (BdV) im Herbst die Nachfolge der scheidenden Präsidentin Erika Steinbach antreten.

Mit seiner Wahl übernähme der bisherige BdV-Vizepräsident ein schweres Erbe. Denn die „biologische Lösung“ der Vertriebenenfrage ist weit vorangeschritten und das Trauma der Vertreibung hat den BdV den Fokus auf die Wiedereinräumung des „Rechts auf die Heimat“ und die Restituierung des alten Besitzes richten lassen, wofür es allerdings keine politische Unterstützung gibt. Inzwischen zeigt zudem der finanzielle Mangel deutliche Spuren der Auflösung im BdV, den der Phlegmatismus erfaßt hat. Nicht zuletzt sind die Vertriebenen für viele jüngere Deutsche, obwohl sie oft selbst von ihnen abstammen, Ziel von Haßtiraden – im besten Fall empfinden sie sie als nervig. Und in der wichtigen deutsch-polnischen Verständigung ist der BdV völlig außen vor.

Die Strukturen des Verbands, der ohne staatliche Mittel nicht überleben kann, sind verkrustet. Die Bonner Geschäftsstelle steht zunehmend leer, weil das Geld für Personal, aber auch für das politische Wirken fehlt.

Fabritius’ Wahl wäre in der Tat das richtige Signal für einen Neuanfang. Er ist von diesem Scheitern weitgehend unbelastet und mit 49 Jahren unter den meist hochbetagten Heimatvertriebenen geradezu jung. Fabritius steht nicht für den Kampf um offene Vermögensfragen, sondern für die Wahrung des kulturellen Erbes, für gelungene Verständigung sowie für die erfolgreiche Integration der Aussiedler. Wer als Vertriebenenpolitiker noch dazu aus Bayern kommt, der darf mit Rückenwind rechnen.

Doch die Aufgaben sind beachtlich. Fabritius wird das Zentrum gegen Vertreibungen weiter vorantreiben, den BdV zukunftsfähig reorganisieren und die Beziehungen zu Polen für den Verband neu aufgreifen müssen. Das sind durchweg dicke Bretter.

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