© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  29/14 / 11. Juli 2014

Der erpreßbare Staat
Besetzte Schule in Berlin-Kreuzberg: Ein Menetekel des politischen Versagens
Henning Hoffgaard

Kleines Gedankenspiel: 40 Rechtsextremisten besetzen eine ehemalige Schule in Frankfurt an der Oder. Sie wollen das Gebäude nicht räumen, versetzen die Umgebung in Angst und Schrecken und drohen der Polizei. Was würde passieren?

Kurz gesagt: Deutschland wäre aus dem Häuschen. Politiker aller Parteien würden sich empören, die Medien würden hysterisch Konsequenzen verlangen und schließlich würden SEK-Einheiten das Gebäude stürmen und wahrscheinlich auch vor dem Einsatz ihrer Waffen nicht zurückschrecken. Am Ende würden die Delinquenten abgeurteilt, und die Bundesregierung stockt ihre Mittel im „Kampf gegen Rechts“ weiter auf.

In Berlin ist nun genau das passiert. Also nicht ganz. Statt 40 Rechtsextremisten verbarrikadierten sich 40 zumeist afrikanische Asylbewerber in einer seit eineinhalb Jahren von ihnen besetzten ehemaligen Schule. Der von den Grünen regierte Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg hatte die Zustände, also Mord, Drogenhandel und Messerstechereien, in dem Gebäude geduldet. Vergangene Woche dann bat die Verwaltung kleinlaut die Polizei um Hilfe bei der Räumung. Die rückte mit einem Großaufgebot an, sperrte ganze Straßen und wurde dabei stets von Linksextremisten bedrängt.

Währenddessen drohten die Afrikaner mit Gewalt und bewarfen die Einsatzkräfte vom Dach mit Gehwegplatten. Behörden und Bezirk belohnten die Gewalt. Die Besetzer dürfen weiter in dem Gebäude bleiben, während es mit Steuergeldern zu einem „internationalen Flüchtlingszentrum“ umgebaut wird. Irrer geht es nicht mehr. Das Signal an alle Asylbewerber: Terrorisiert eure Umgebung, dann gibt es Extrawürste. Bezahlt, na klar, vom Steuerzahler. Und wer ist schuld?

Die Grünen, unter deren Aufsicht sich das Haus zu einem Kriminalitätsschwerpunkt entwickelt hat? Die Grünen, die den Asylanten vorgaukelten, sie hätten ein berechtigtes Anliegen? Die Grünen, die der linken Szene alle Möglichkeiten gaben, die Situation für ihre Zwecke zu nutzen und die Afrikaner zu radikalisieren? Die Grünen, weil sie auf schmerzhafte Weise erkennen mußten, daß ihre politische Ideologie zwar dazu taugt, im Bezirk eine Toilette für Transgender einzurichten, aber nicht, um ihre Wähler vor Kriminalität zu schützen? Falsch!

In diesem Fall haben einfach alle versagt. Die SPD, weil sie eine schnelle Räumung des Gebäudes verhinderte und den Berliner Senat für nicht zuständig erklärte. Die CDU, weil sie mit Frank Henkel einen machtscheuen Innensenator stellt, der aus Angst vor schlechten Schlagzeilen zuließ, daß die innere Sicherheit zum Ramschgut auf dem Verhandlungstisch mit einer Gruppe gewalttätiger Asylbewerber wurde. Die Polizeiführung, weil sie trotz der Tatsache, daß die Mehrheit der Besetzer eigentlich in anderen Bundesländern sein müßte, keine Anstalten machte, die Betroffenen festzunehmen und aus der Stadt zu schaffen.

Der Fall steht symptomatisch für einen Staat, dessen Behörden unfähig und unwillig sind, Recht und Gesetz umzusetzen. Für einen Staat, der sich bereitwillig erpressen läßt. Für einen Staat, der mit doppelten Maßstäben mißt und die Gleichheit vor dem Gesetz für etwas Zweitrangiges hält. Ergebnis: Eine Schule über Monate hinweg besetzen geht in Ordnung. Aber wehe, ein Anwohner steht 50 Meter weiter im Halteverbot. Dann gibt es kein Pardon mehr.

Wer das für eine typisch Berliner Posse aus dem Irrenhaus Kreuzberg hält, täuscht sich. In der Bundesrepublik sitzen Zehntausende junge männliche Asylbewerber, für die ein deutsches Gefängnis keine Drohkulisse darstellt. In allen Bundesländern versuchen linke Gruppierungen ihnen bereits einzureden, sie hätten ein Recht hierzubleiben. Daß die Deutschen ihnen etwas schuldig wären. Und allein in diesem Jahr kommen weitere 200.000. Abgeschoben wird nur ein Bruchteil.

Schon jetzt nehmen die Konflikte zu. In Nürnberg stürmen 80 Asylbewerber das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge. Auch hier kann die Polizei erst eingreifen, nachdem die Behörde zugesagt hat, die abgelehnten Anträge der Angreifer noch einmal zu prüfen. In vielen anderen Asylheimen ist die Polizei längst Stammgast, um ethnische Konflikte aus Afrika und dem Nahen Osten zu schlichten, die mit ihren Trägern in Deutschland angekommen sind.

Doch auch auf der anderen Seite herrscht Frust. Selbst in Kreuzberg waren nicht alle Anwohner von den Zuständen begeistert. Spätestens als auf einem Kinderspielplatz harte Drogen gefunden wurden, war Schluß mit lustig. Widerstand gegen neue Asylbewerberzentren gibt es eben nicht nur in den Plattenbausiedlungen im Osten Berlins. Selbst im vornehmen Hamburger Stadtteil Harvestehude oder der bayerischen Provinz wehren sich die Bürger gegen geplante Asylzentren. Wer will ihnen dies mit Blick auf die Bilder in Berlin verübeln?

Die gescheiterte Räumung führt so für die politische Linke zu einer paradoxen Situation. Auf der einen Seite muß sie den Hausbesetzern zumindest Sympathie entgegenbringen, auf der anderen zeigen eben diese, wie selbstmörderisch die geforderte „Willkommenskultur“ ist und worauf sich die Deutschen künftig einstellen müssen.

Treppenwitz der Geschichte: Die Asylbewerber in Berlin, die angeblich vor Elend, Gewalt und Rechtlosigkeit fliehen, schaffen als erstes genau diese Zustände in dem Land, das ihnen ein faires Asylverfahren garantiert und sie finanziell auf die gleiche Stufe mit einem Arbeitslosen stellt, der 20 Jahre in die Sozialkassen eingezahlt hat.

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