© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  28/14 / 04. Juli 2014

Umwelt
Vegan wird kapitalistisch
Heiko Urbanzyk

Arme Veganer! Man kommt sich selbst als Vegetarier wie ein Unmensch neben ihnen vor, da man immer noch Tiere ausbeutet. Doch jetzt schwingt einer die moralische Keule gegen Veganer und zeigt ihnen, was sie für gedankenlose Banausen sind. Der Tierbefreiungsaktivist und Publizist Matthias Rude wirft im vulgärmarxistischen Hintergrund (2/2014) den „modernen Lifestyle-Veganern“ vor, die eigentliche, vulgo: sozialistische Mission dieses Lebensstils aus dem Blick verloren zu haben – den Kampf gegen kapitalistische Ausbeutungsverhältnisse:

„Die modernen Veganer verlieren bei ihrem Fokus auf die Ablehnung der Tierhaltung nicht nur menschliche Ausbeutungsverhältnisse, die Belange von wildlebenden Tieren oder Umweltfragen aus dem Blick“. So sei Kakao zwar pflanzlich, aber ein Großteil der Produktion würde von „Kindersklaven in Westafrika hergestellt“, und unter der Gewinnung von Palmöl litten „Menschen, Tiere und der Regenwald in Südostasien“. Den meckrigen Sozi stört, daß „bloße Appelle an eine Veränderung der Konsumgewohnheiten noch keine Umwälzung der Produktion nach sich ziehen“.

„Risikokapitalisten“ klinken sich in die konsumierbar gemachte Vegan-Sparte ein.

Es wurmt ihn, daß die vegane Sparte als Wachstumsmarkt erkannt wurde, in die sich immer mehr „Risikokapitalisten“ im Goldrausch einklinken. Dazu brauche es Werbung, die in den „Liberalismus“ passe. Kritik an Ausbeutung oder gar das „Infragestellen“ der „herrschenden Eigentumsverhältnisse“ hätten da nichts verloren: „Propagiert wird ein mit Gesundheit, Jugend und Schlankheit assoziierter ‘Lifestyle’, der mit einer Konsum-Mentalität, die ständig neue, teure Produkte verlangt, konform geht – mehr nicht.“

So findet sich für jeden Moralapostel noch ein Moralapostel, der es besser weiß. Linke nennen das „Diskurs“ – Konservative zuweilen „Geschwätz“. Wer als Rechter Linke ärgern will, wird Veganer! Wenn das kein Grund ist.

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