© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  28/14 / 04. Juli 2014

Zeitschriftenkritik: RWM-Depesche
Die Wirklichkeit des Krieges
Werner Olles

Militärgeschichtlich interessierte Leser, Waffensammler, die sich mit kulturhistorisch bedeutsamen Waffen beschäftigen und Informationen zum historischen Umfeld suchen, sowie Ordonnanzschützen, die das Schießen mit historischen Waffen und Vorderladern als Freizeitbeschäftigung betreiben, finden in der vierteljährlich erscheinenden Fachzeitschrift RWM-Depesche (Untertitel: „Recherchen zu Waffentechnik & Militärgeschichte“) zuverlässig und kontinuierlich Beiträge zu diesen Themen. Jede Ausgabe präsentiert zudem einen Schwerpunkt, der vielseitig eine besondere Epoche beleuchtet und über Kultur, Politik und Waffen dieser Zeit berichtet.

Die aktuelle Ausgabe (Nr. 15) hat als Schwerpunktthema den Ersten Weltkrieg und informiert unter dem Titel „Champagner und Galopp. Wie man sich 1914 den Krieg vorstellte“ über die Illusionen des alten Kriegsbildes, das schon bald der harten Wirklichkeit weichen mußte. Ein besonderes Kapitel ist dabei dem „Schlieffen-Plan“ gewidmet, dessen Legende besagte, daß der deutsche Generalstab damit über ein „unfehlbares Siegesrezept“ verfügte. Nach diesem von Generalfeldmarschall von Schlieffen noch während seiner aktiven Dienstzeit konzipierten, danach um die Jahreswende 1905/06 ausgearbeiteten und niedergeschriebenen Plan habe ein Vormarsch in drehtürartiger Bewegung durch Belgien und Nordfrankreich zum Erfolg führen müssen. Schlieffens Nachfolger, Generaloberst von Moltke, habe dieses ererbte „Siegesrezept“ nur getreu anwenden müssen, um im zu erwartenden Zweifrontenkrieg des nächsten großen europäischen Krieges gegen Rußland und Frankreich den Sieg herbeizuführen. Indes scheiterte die Ausführung des Schlieffen-Plans im August und September 1914 und führte zum Desaster der verlorenen Marneschlacht.

Zwar ist die Originalfassung des Plans nicht mehr erhalten, da sie während eines britischen Luftangriffs auf Potsdam verbrannte, wo sie als Verschlußsache im Tresor der Zentralabteilung des Großen Generalstabs verwahrt wurde, doch fanden sich im Besitz der Töchter Schlieffens noch Abschriften einiger Entwürfe. In dem Buch „Graf Schlieffen und der Weltkrieg“ publizierte Wolfgang Foerster 1921 zudem Ausschnitte aus der Denkschrift. Doch die Isolation Deutschlands durch den Zweifrontenkrieg, das Fehlen ausreichender Truppenverbände, der Mangel an schwerer Artillerie und die erfolgreichen Angriffe der Franzosen und Briten an Ourcq und Marne ließen den deutschen Vormarsch im Westen scheitern, während im Osten russische Truppen auf ostpreußischem Boden standen. Um sie aufzuhalten, begann die Zersplitterung der Kräfte, die einen Sieg vollends unmöglich machte.

Weitere Beiträge befassen sich mit dem Sammeln von Pulverflaschen des 19. Jahrhunderts, der Mauser-Pistole C 96 und der friedensbewegten Ente 2CV der 1970er und 1980er Jahre, die als Träger für Maschinenkanonen und Luftlandefahrzeug konzipiert war.

Kontakt: RWM-Verlag, Postfach 1453, 65334 Eltville, Tel.: 06123 / 79 35 28. Das Einzelheft kostet 9,90 Euro, ein Jahresabo 40,40 Euro. www.rwm-depesche.de

Versenden
  Ausdrucken Probeabo bestellen