© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  28/14 / 04. Juli 2014

„Rassistische und chauvinistische Hetze“
Freizügigkeit: Die Bundesregierung wehrt sich gegen den Vorwurf, sie stelle Einwanderer unter Generalverdacht, und legt die Kosten offen
Lion Edler

Seitdem die Diskussion um Armutseinwanderung und den Mißbrauch von Kindergeld durch EU-Bürger schwelt (JF 21/14), muß sich die Bundesregierung immer wieder rechtfertigen. Dabei geht es nicht um den Vorwurf des Versagens und Vertuschens, sondern den Behörden wird vielmehr vorgeworfen, sie stellten Einwanderer unter Generalverdacht.

„Mit aller Entschiedenheit“ hat sich die Bundesregierung nun gegen den in einer kleinen Anfrage der Linkspartei erhobenen Vorwurf gewehrt, die Koalition habe zu einer „rassistischen und chauvinistischen Hetze“ gegen EU-Bürger beigetragen. Bei ihren Behauptungen beziehen sich die Linken auf die Aussage der CSU, „Wer betrügt, der fliegt“. In der kleinen Anfrage schreibt die Linkspartei indessen immer wieder von einem „beschworenen“ Sozialmißbrauch, wobei sie das Wort „Mißbrauch“ regelmäßig in Anführungsstriche setzt.

Immer wieder schimmert in der Anfrage die Verdächtigung durch, die Bundesregierung kriminalisiere EU-Einwanderer. So will die Linksfraktion wissen, ob nach Ansicht der Regierung bereits die Tatsache, daß Ehepartner keinen gemeinsamen Haushalt in Deutschland führen, einen hinreichenden Anhaltspunkt für den Verdacht auf Sozialmißbrauch darstelle. Schließlich könne es ja auch sein, daß ein Ehepartner in einem anderen EU-Mitgliedsstaat berufstätig ist. Die Bundesregierung verneint den unterschwelligen Vorwurf: Wenn ein Unionsbürger „von seinem in den Europäischen Verträgen niedergelegten Recht auf wirtschaftliche Betätigung in einem anderen EU-Staat Gebrauch macht und infolgedessen zeitweise kein gemeinsamer Haushalt in der Bundesrepublik geführt wird“, so sei dies „für sich genommen kein hinreichender Anhaltspunkt“ für eine Täuschung. Als Hinweise für eine solche Täuschung sieht die Regierung vielmehr die Tatsache, daß ein Ehepaar erst kurz vor der Übersiedlung nach Deutschland heiratet, daß es sich „nicht in einer gemeinsamen Sprache verständigen kann, bei Behördenkontakten durch einen Dolmetscher begleitet wird, der Fragen ohne Rücksprache mit den Antragstellern beantwortet“, sowie daß mehrere Paare mit gleichem Heiratsdatum einen Antrag auf Aufenthaltsbescheinigung stellen. Anschließend werde „jeder Einzelfall genau geprüft“.

Daneben liefert die Bundesregierung auch Statistiken darüber, wie oft der Verlust des Rechts auf Einreise festgestellt wurde. Demnach stieg die Zahl von 2009 (270 Fälle) bis 2013 deutlich an (696 Fälle), wobei dies freilich nur die Spitze des Eisbergs sein dürfte. Die Zahlen werden auch nach Staatsangehörigkeit aufgeschlüsselt: Demnach lagen Einwanderer aus Rumänien in den vergangenen fünf Jahren mit 762 Fällen an der Spitze, gefolgt von Polen (645), Bulgarien (432) und der Slowakischen Republik (102).

Die Ausführungen der Regierung machen deutlich, welche immensen Nebenkosten durch unqualifizierte Einwanderung entstehen. Bereits vor Monaten wurde bekannt, daß das Bundesfinanzministerium für Saisonarbeiter, die trotz im Ausland lebender Kinder Anspruch auf deutsches Kindergeld haben, mit jährlichen Kosten von rund 600 Millionen Euro kalkuliert. Die Linkspartei will nun wissen, welche „bedarfsgerechten Integrationsangebote“ für EU-Bürger bereitgestellt werden. Laut Bundesregierung schlug die „sozialpädagogische Betreuung“ von Einwanderern 2014 mit 249,7 Millionen Euro zu Buche. Hinzu kommen eine „Migrationsberatung für Erwachsene“ (26,3 Millionen Euro) sowie die „Jugendmigrationsdienste“ mit jährlich 41,5 Millionen Euro. Ein Sprachkursprogramm, das sich an Einwanderer mit mangelhaften beruflichen Qualifikationen richtet, kostete 230 Millionen Euro jährlich; hinzu kommen 2014 etwa 47 Millionen Euro aus rückläufigen Mitteln sowie eine „weitere Mittelzuteilung“ in Höhe von 34,34 Millionen Euro.

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