© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  27/14 / 27. Juni 2014

„Der konservative Flügel wird unterdrückt“
Parteirebellen: In der CSU hat sich eine Basisbewegung formiert, die mit dem Kurs von Horst Seehofer unzufrieden ist
Marcus Schmidt

Die von einer Reihe unzufriedener CSU-Mitglieder gegründete Gruppe „Konservativer Aufbruch. CSU-Basisbewegung für Werte und Freiheit“ stößt in der Partei offenbar auf große Resonanz. Obwohl die Initiative erst in der vergangenen Woche an die Öffentlichkeit getreten sei, gebe es bereits einen enormen Zuwachs, berichtete Mitinitiator David Bendels der JUNGEN FREIHEIT. Die entsprechende Facebook-Gruppe habe mittlerweile knapp 700 Mitglieder. Von der Parteispitze sei allerdings noch keine Reaktion gekommen. „Aber wir rechnen stündlich mit kritischen Äußerungen“, sagte der 29 Jahre alte Politikwissenschaftler.

In dem auf Facebook veröffentlichten Gründungsmanifest fordern die Parteikritiker unter anderem eine Rückbesinnung der CSU auf christliche Grundwerte in Fragen des Lebensrechts und der Familie. Zudem müsse die „Ausplünderung der Bürger, gerade auch der jungen Generation“, beendet werden. „Soziale Sicherheit kann nicht auf Schuldenbergen gegründet werden“, heißt es in dem Papier. Die Initiatoren treten darin auch für „zeitlos konservative Tugenden“ wie Fleiß, Leistung, Sparsamkeit, Verantwortungsbereitschaft, Zuverlässigkeit, Einsatzfreude und Hilfsbereitschaft ein. Gleichzeitig fordern sie eine konsequente Verbrechensbekämpfung und sprechen sich gegen eine „überstürzte Energiewende“ aus.

Parteirebellen fordern Mitgliederentscheid

Einwanderer werden zur Integration aufgefordert. „Wir lehnen eine ungesteuerte Zuwanderung nach Deutschland ab.“ Auf deutliche Kritik stößt dabei die geplante Ausweitung der doppelten Staatsbürgerschaft. Parteichef Horst Seehofer werfen die Initiatoren vor, die Position der CSU zum Doppelpaß in den Verhandlungen mit der SPD ohne Not aufgegeben zu haben. „Jahrelang haben wir die Optionspflicht verteidigt, und dann gibt Seehofer sie während der Koalitionsverhandlungen in einer Nacht-und-Nebel-Aktion aus machttaktischen Überlegungen, die dann noch nicht einmal aufgegangen sind, einfach auf“, sagte Bendels. Dabei sei die Staatsbürgerschaft immer eine der Kernkompetenzen der CSU gewesen. Anfang der Woche legten die Parteirebellen daher nach: Sie forderten den CSU-Parteivorstand auf, in der Frage des Staatsbürgerschaftsrechts die Mitglieder entscheiden zu lassen.

Die sachlich nicht begründbare Preisgabe der Positionen der CSU zur „Doppelten Staatsbürgerschaft“ wäre ein nicht wieder gutzumachender politischer Fehler, der die Integration von ausländischen Mitbürgern in Deutschland massiv erschweren statt vereinfachen würde, mahnte Bendels. „Wir sind davon überzeugt, daß jedes CSU-Mitglied die Möglichkeit haben muß, über diese wichtige Sachfrage mitzuentscheiden. Das wäre im Sinne des Prinzips der innerparteilichen Demokratie.“

Am Streit um den Doppelpaß werde die derzeitige Situation der Partei besonders deutlich. „Viele Konservative wissen nicht mehr, woran sie bei der CSU sind. Früher stand die Partei für klare Aussagen.“ Die CSU blinke zwar noch immer teilweise rechts, mache aber linkslastige Politik. „Unsere Initiative ist eine Reaktion auf den stetigen Linkstrend in der CSU“, verdeutlichte Bendels. Um daran etwas zu ändern, müsse sich auch die Diskussionskultur innerhalb der Partei wandeln. „Der konservative Flügel der CSU wird in der Partei schon in der Meinungsbildung massiv unterdrückt“, kritisiert er. Kontakte gebe es auch zu Gleichgesinnten in der Schwesterpartei CDU. „Die ‘Aktion Linkstrend stoppen’ der CDU sehen wir als Partner, aber wir sind eigenständig und nicht deren bayerischer Landesverband“, berichtet Bendels.

Er gesteht ein, daß das Aufkommen der Alternative für Deutschland (AfD) bei der Entscheidung, eine kritische Basisbewegung ins Leben zu rufen, auch eine Rolle gespielt habe. „Der Erfolg der AfD war ein Warnsignal, aber nicht der konkrete Auslöser für unsere Initiative.“ Anders als die Parteispitze haben die konservativen Rebellen keine Berührungsängste. „Wir sehen die AfD klar als politischen Konkurrenten, aber auch als möglichen Partner. Genauso wie etwa die FDP“, sagte Bendels.

In zwei Wochen will der „Konservative Aufbruch“ auf einem Treffen über das weitere Vorgehen beraten. „Als nächstes werden wir in einem offenen Brief an Parteichef Horst Seehofer unsere Positionen deutlich machen“, kündigte Bendels zudem an. An dem Ziel der konservativen Parteikritiker läßt er dabei keinen Zweifel: „Wir wollen die CSU wieder auf die Beine stellen.“

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