© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  26/14 / 20. Juni 2014

Knapp daneben
Kultur vom Markt nehmen
Karl Heinzen

Burkhard C. Kosminski ist verzweifelt. Die Kultur erlebe „einen Bedeutungsschwund in erschreckendem Ausmaß“, klagt der Schauspielintendant des Mannheimer Nationaltheaters in einem offenen Brief an Bundesbildungsministerin Johanna Wanka und einige weitere Politiker (Seite 14). Obwohl sie doch die „Vielfalt unserer Gesellschaft“ ausmache, diskutiere man nur noch ökonomisch über sie. Dabei sei sie doch gar keine Handelsware.

Dieser Hinweis ist berechtigt. Mit einer Handelsware möchte man Geld verdienen. Wirft sie keinen Gewinn ab, wird sie vom Markt genommen. Das, was in unserem Land als Kultur ausgegeben wird, schreibt aber rote Zahlen und hängt am Tropf staatlicher Subventionen. Doch die Zeiten, in denen sich einfältige Politiker für jede überspannte Idee engagieren ließen, wenn sie dafür bloß den Applaus des Feuilletons ernteten, sind längst vorbei. Die öffentlichen Haushalte stehen unter Sparzwängen.

Niemand hat etwas dagegen, daß Orchester Säle beschallen oder Schauspieler auf Bühnen herumhampeln.

Auch die sogenannten Kulturschaffenden müssen sich anstrengen, wenn sie den Rotstift von ihren Budgets fernhalten wollen. Das empfinden sie natürlich als kränkend, denken sie doch viel lieber über weniger profane Dinge als Geld nach. Kosminki hat nun eine simple Lösung parat, wie die Unabhängigkeit der Kunst dauerhaft vor ökonomischen Zwängen bewahrt werden kann: Man müsse ja nur den Solidarzuschlag in eine Kulturabgabe umwidmen.

Die Steuerzahler dürfen gelassen bleiben. Auch die Panikattacke des Mannheimer Theaterchefs wird nichts daran ändern, daß die Uhr gegen das tickt, was ihm am Herzen liegt. Niemand hat etwas dagegen, daß Orchester Säle beschallen, Schauspieler auf Bühnen herumhampeln und Museen irgendwelche Bilder an die Wände hängen. Dafür soll dann aber, bitte sehr, auch nur die verschwindend kleine Minderheit zur Kasse gebeten werden, die diese Dienstleistungen zu ihrer elitären Erbauung in Anspruch nimmt. Die Behauptung, daß eine Kulturnation damit leben müsse, Heerscharen von schöngeistigen Nichtsnutzen durchzufüttern, verfängt nicht mehr. Immerhin wird man einige von ihnen vielleicht umschulen können, um den Fachkräftemangel zu lindern.

Versenden
  Ausdrucken Probeabo bestellen